Seltsame Fressgelüste

Hunde können – für uns Menschen mitunter sehr befremdliche – Fressgelüste entwickeln. Manche davon sind mehr oder weniger normal, manche bedenklich, andere können ein Hinweis auf Beschwerden oder Erkrankungen sein.

Inhalt:

Brennesseln

Brennesseln als Wildgemüse wurden früher hier auch von Menschen gern wie Spinat zubereitet und gegessen. Der Geschmack ist vergleichbar.

Allerdings ist mir im Laufe meiner eigenen Hundehaltung aufgefallen, dass besonders Hunde mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr regelmäßig und in größeren Mengen zarte Brennesselblättchen gefressen haben. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich dabei um angeborene Herzfehler handelte (z.B. Banja) oder um altersbedingte Herzinsuffizienz. Hunde haben also, wie für viele Tiere nachgewiesen, eindeutig einen sehr sicheren Instinkt für die phytotherapeutische Wirkung diverser Pflanzen.

Der Hintergrund für das Fressen der Brennesseln ist, dass diese einen sehr hohen Eisengehalt haben, aber nur wenig bis gar keine schädliche Oxalsäure (Oxalsäure behindert die Resorption des Eisens und verschiedener Spurenelemente im Verdauungstrakt). Beides ist vom jeweiligen Standort der Pflanzen abhängig und kann, im Vergleich zu Spinat, bis zur dreifachen Menge beim Eisen, bzw. vollständigem Fehlen der Oxalsäure betragen. Dabei ist Eisen essentiell für die Blutbildung, weil es den Grundbaustein für das Hämoglobin, also den entscheidenden Baustein der roten Blutkörperchen, liefert.

Bei herzkranken Hunden ist die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff beeinträchtigt und kann durch die verstärkte Aufnahme von Eisen und daraus resultierende angeregte Bildung roter Blutkörperchen zumindest teilweise kompensiert werden. Gleichzeitig ist bei den meisten Herzerkrankungen der Blutdruck erhöht und Brennesseln haben eine harntreibende und dadurch bedingte blutdrucksenkende Wirkung.

Brennesseln werden in der Phytotherapie daher für ihre herz-kreislauf-unterstützende Wirkung geschätzt.

Da Brennesseln aber auch gegen diverse entzündliche Prozesse, beispielsweise der Gelenke, wirken, kann das verstärkte und regelmäßige Fressen von Brennesseln auch ein Hinweis auf Gelenkserkrankungen wie Spondylose oder Ähnliches sein [1999 Sass, Wolfgang]1

Ich halte es also bei regelmäßigem Fressen von Brennesseln für empfehlenswert, den Hund sicherheitshalber auf Herz-Kreislauf- und Gelenks-Erkrankungen kontrollieren zu lassen!

Man kann dem Hund, unterstützend, gekochte Brennesseln anbieten.

zum Seitenanfang

Erbrochenes

Auch, wenn es für uns Menschen befremdlich und ekelerregend ist – für Hunde ist das Fressen von Erbrochenem nichts Ungewöhnliches. Das rührt daher, dass Wildcaniden wie Wölfe beispielsweise ihren Magen sozusagen als “Einkaufstasche” benutzen, wenn sie Beute erlegen und diese, z. B. aufgrund größerer Entfernung oder Größe des Beutetieres, nicht am Stück zu ihren Welpen transportieren können oder wollen. Sie fressen sie also, laufen zu ihrem Bau, wo sie von den Welpen bereits erwartet und mit einer sog. Futterbettelgeste (Anstupsen und Belecken der Lefzen des erwachsenen Tieres) zum Hervorwürgen der auf diese Weise bereits vorverdauten und damit für die Welpen leichter verwertbaren Nahrung animiert werden.

Das zu wissen macht es allerdings auch nicht unbedingt hygienischer, gesünder oder appetitlicher. Schließlich kann Erbrochenes neben den verschiedensten Keimen natürlich auch Reste von Nahrungsmitteln enthalten, die für Hunde hochgiftig sind, wie z. B. Alkohol, Xylit, Avocado und Ähnliches!

zum Seitenanfang

Erde

Hunde, die Erde fressen, bevorzugen dafür meist humusreiche Erde (z.B. Waldboden). Der Hund versucht dann meist, mit den darin enthaltenen Huminsäuren unspezifische Entzündungsprozesse im Bauchbereich zu bekämpfen. Sofern der Waldboden einigermaßen natürlich ist, kann man dieses Verhalten zwar tolerieren, sollte aber, wenn das Verhalten längere Zeit bestehen bleibt, versuchen, die Ursache zu ermitteln. Falls der gefressene Boden stark verschmutzt ist (Müll, Pestizide, Herbizide, Zigarettenkippen oder Ähnliches), kann man dem Hund stattdessen sog. Trinkmoor anbieten. Dabei handelt es sich um (auch für den menschlichen Verzehr) aufbereiteten Moorboden, der die gewünschten Huminsäuren ebenfalls enthält, aber eben keine Giftstoffe.

zum Seitenanfang

Exkremente (Koprophagie)

Das gelegentliche Fressen von Exkrementen anderer Tiere ist bei Hunden mehr oder weniger normal. Besonders beliebt sind Schafs-, Hasen- und Kaninchen-Kürtelchen. Ich nenne sie deshalb manchmal auch “Hunde-Smarties”. Bei nervösen oder ängstlichen Hunden kann dieses Verhalten durch Stress ausgelöst oder verstärkt sein. Oft versucht der Hund aber nur, damit seinen Speiseplan um Faserstoffe zu bereichern. Meine eigenen Hunde haben das früher auch hin und wieder gemacht. Seitdem ich ihnen beim Gemüseputzen immer einen Teil rohen Gemüses anbiete, sind “Hunde-Smarties” ziemlich uninteressant geworden (stattdessen belagern sie mich beim Gemüseputzen).

Allerdings sollte man trotz alledem immer im Hinterkopf behalten, dass insbesondere parasitäre Erkrankungen auf diesem Wege übertragen werden können. (Sollte man auch dran denken, wenn man sich selbst oder Andere vom Hund abschlecken lässt…)

Und – last, but not least – kann, besonders bei exzessiv auftretender Koprophagie, eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse dahinterstecken.

zum Seitenanfang

Gras

Gelegentlich kann man bei Hunden beobachten, dass sie Gras fressen. Häufig (nicht immer!) versucht der Hund sich dadurch zum Erbrechen zu bringen, weil er Magenbeschwerden hat. Im Prinzip ist das unbedenklich. Nur, wenn der Hund sehr häufig Gras frisst und sich dann erbricht, sollte man sich Gedanken darüber machen, ob der Hund evtl. nervöse Magenbeschwerden hat oder im Futter Bestandteile enthalten sind, die dem Hund nicht gut bekömmlich sind. Sofern der Hund aber einfach nur ab und zu Gras frisst ohne zu erbrechen, ist das unbedenklich.

Es sei denn…

…Sie wohnen mit ihrem vierbeinigen Hausgenossen in einem der sich ausbreitenden Verbreitungsgebiete des Lungenwurms.2 Es gibt zwei Arten von Lungenwürmern:

  1. Großer oder französischer Lungenwurm (Angiostrongylus vasorum) und
  2. Kleiner Lungenwurm (Crenosoma vulpis)

Der große Lungenwurm macht dabei die weitaus größeren Probleme.

Er wird bis zu 25 mm groß und siedelt sich in den Lungenarterien und im rechten Herzen von Hunden und Füchsen an, die als Endwirte fungieren.

Die Infektion mit dem Lungenwurm erfolgt hauptsächlich beim Fressen von Gras. Dabei können entweder die nur millimetergroßen bereits mit den Larven des Lungenwurmes infizierten Jungschnecken oder aber auch infizierter Schneckenschleim (Wenn eine infizierte Schnecke stirbt, werden die Larven freigesetzt und sind noch mehrere Wochen lang infektiös) unbeabsichtigt mitgefressen werden. Sowohl Nackt- als auch Gehäuseschnecken können infiziert sein und als Zwischenwirte infrage kommen.

Die Ausbreitungsgebiete 2011 sind aus der nebenstehenden Karte zu entnehmen – eine aktuellere Karte ist mir leider nicht bekannt.

Die Entwicklungsphasen des Lungenwurmes kann man sich in diesem Video ansehen.

Symptome und Verlauf:

Die Symptome einer Infektion mit Lungenwürmern sind unspezifisch und kann sowohl unbemerkt, als auch tödlich verlaufen. Häufig sind
Lungenentzündungen mit Husten und Atemnot, oft kombiniert mit mangelndem Appetit und/oder Gewichtsverlust.

Bei besonders starken chronischen Infektionen können sich Gerinnungsstörungen entwickeln, die sich durch gesteigerte Blutungsneigung, Nasenbluten, Hämatome und eine, durch unbemerkten Blutverlust entstehende, Anämie (Leistungsminderung, Mattigkeit, Kreislaufkollaps) äußern können.

Seltener zeigen sich neurologische Defizite, wie z. B. Muskelzittern, Hinterhandschwäche, steifer Gang, Gleichgewichtsstörungen o. Ä..
Gelegentlich “verirren” sich auch Larven in Gehirn, Niere, Harnblase oder Augenkammer und führen dort zu entsprechenden Symptomen.

Kommt es zu einer Verlegung der Lungen- oder anderer wichtiger Blutgefäße, kann dies zum plötzlichen Tod führen.

Die Infektion mit dem Kleinen Lungenwurm verläuft etwas milder, ist darum aber nicht weniger ernst zu nehmen!
Lungenwürmer gehören zu den auf den Menschen übertragbaren Zoonosen!

zum Seitenanfang

Maikäfer und ihre Engerlinge

Maikäfer und ihre Engerlinge wurden hier früher auch von Menschen gegessen. Sie sind sehr eiweißhaltig und der Geschmack ist – bei entsprechender Zubereitung – am ehesten vielleicht dem von Krebsfleisch/Krabben vergleichbar. Insbesondere eine Maikäfersuppe würde früher gern als Krankenkost verabreicht und hoch gepriesen.

Bei genauer Betrachtung der Tatsache, dass der Verzehr von Insekten auch bei uns inzwischen wieder gesellschaftsfähig wird, erfüllt der Maikäfer alle Voraussetzungen erstklassigen Superfoods.

Für meine Sofie waren Maikäfer das köstlichste Leckerli überhaupt und auch Dorle ist nicht mehr zu bremsen, wenn sie Maikäfer sieht oder hört. Inzwischen kenne ich auch diverse andere Hunde, die sie mit großer Leidenschaft fressen oder auch ihre Engerlinge im Garten ausgraben, die sie ganz offensichtlich unter der Erde hören und auch von den Engerlingen anderer Käfer bestens zu unterscheiden wissen.

zum Seitenanfang

Wurmfarn

Wurmfarn wird von Hunden normalerweise nicht gefressen. Wohl aber kauen Hunde manchmal auf den Blättern des Wurmfarns herum. In der Regel leiden sie dann tatsächlich auch unter Würmern (meist Spulwürmern). Dieser Farn hat seinen Namen nicht von ungefähr und Hunde haben, wie auch viele andere Tiere, einen sehr guten Spürsinn für die Behandlung ihrer Beschwerden. Allerdings ist der Wurmfarn giftig (genau das wirkt ja eben gegen den Wurmbefall) und die Wirkung und Nebenwirkung dieser “Eigenbehandlung” durch den Hund ist nicht immer genau einschätzbar.

Daher ist es besser, den Hund dann umgehend zu entwurmen. So etwas kann auch auftreten, wenn der Hund regelmäßig entwurmt wird. Eine Wurmkur hat keine nachhaltige oder dauerhafte Wirkung, sondern beseitigt ausschließlich augenblicklich vorhandene Würmer. Insbesondere, wenn gleichzeitig Freigänger-Katzen gehalten werden oder der Hund mäuselt (Die meisten Spitze fangen besonders gern und erfolgreich Mäuse – Vorsicht aber beim Abschlucken – sie könnten Gift gefressen haben, das seine Wirkung noch nicht erreicht hat…) und der “Floh-Druck” relativ hoch ist, kann sich der Hund gleich unmittelbar nach erfolgter Wurmkur gleich wieder neu infizieren an mitgefressenen Flöhen, die häufig Wurmeier transportieren.

zum Seitenanfang

Bibliografie

Die Angaben mit vorangestellter Jahreszahl beziehen sich auf wissenschaftliche Publikationen, die mit vorangestelltem Namen des Autors/der Autoren/Herausgebers auf Bücher und sind unter dem jeweiligen Link zu finden.

Weitere Publikationen finden Sie in der Infothek unter dem Menü “Service”

  1. 1999 Sass, Wolfgang, Rheumatherapie: Brennesselextrakt hemmt Zytokine, Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 26, 2. Juli 1999, S. A-1792 ↩︎
  2. 2009 Barutzki, D. & Schaper, R., Natural Infections of Angiostrongylus vasorum and Crenosoma vulpis in Dogs in Germany (2007-2009) ↩︎

zum Seitenanfang