Spitzname: „Pissnelke“
Banja war auf ihre Weise eine tragische Gestalt.
Da über die damaligen Verhältnisse und Ereignisse in der Spitzzucht heute offenbar jeder so “seine eigene Wahrheit” zu haben scheint, werde ich hier einmal zumindest ein wenig Licht ins Dunkel bringen. (Und allen “Unkenrufern” sei gesagt, dass ich noch Einiges mehr an Belegen habe!)
Als Ergebnis einer Schwarz-Weiß-Verpaarung kam Banja am 02. Mai 2002 als einzige Hündin zusammen mit drei weißen Brüdern und einem schwarzen Bruder zur Welt.
Da Banja weiße Pfoten hatte, wurde sie in den Wurfmeldungen des Vereins für Deutsche Spitze kurzerhand totgeschwiegen. Laut damaligem Standard dieses Vereins existierten keine schwarzen Spitze mit weißen Abzeichen, zumindest konnten es keine rassereinen Spitze sein. Dummerweise hatte Banja gültige FCI-Papiere, die sie als solchen auswiesen.
Die weißen Pfötchen und das Abzeichen auf der Brust sind an und für sich sicherlich wenig tragisch für einen wirklichen Spitz-Freund.
Sieht Banja nicht kess aus mit ihren Söckchen?



Wirklich tragisch aber war, dass sich bei Banja, als ich sie (wie jeden meiner Hunde) kurz nach ihrer Übernahme von der Züchterin in „meiner“ Tierklinik vorstellte, einer der schwersten Herzfehler (Fallot´sche Tetralogie) zeigte, mit denen man so auf die Welt kommen kann. Die Lebenserwartung lag unter den damaligen Umständen – operiert werden konnte das zu dem Zeitpunkt bei Hunden noch nicht – bei maximal 3 Jahren.
Als ich der Züchterin dies mitteilte und die Rücknahme der Hündin verlangte, wobei ich keineswegs bereit war, den weiten Weg in die Schweiz noch einmal selbst und auf eigene Kosten zu machen, bot sie an, Banja von einer Freundin abholen zu lassen, die demnächst in der Nähe wäre.
Allerdings wollte sie mir dann nicht den bezahlten Kaufpreis zurück erstatten, ebenso wenig wollte sie natürlich die teuren Spezialuntersuchungen in der Tierklinik übernehmen oder sich auch nur daran beteiligen, sondern erklärte mir stattdessen, dass sie mir noch nicht einmal die Hälfte des Preises zurückzahlen wolle, „weil die Hündin inzwischen schließlich auch schon älter sei“.
Leuchtet ja ein, oder?
Dass Banja während der Untersuchungen und der Verhandlungen mit der Züchterin älter geworden war, war ja ein Umstand, den logischerweise ich zu vertreten hatte – schuldhaft und vorsätzlich natürlich!





Banjas Ahnentafel wurde – wohlweislich – erst wesentlich (!!!) später nachgereicht.
Nach endlosen Diskussionen und obwohl mein ursprünglicher Plan, Banja zur Zucht einzusetzen und mit ihr Agility zu machen, natürlich mit einer Hündin, die als Welpe beim Spielen bereits blitzeblau wird, hinfällig war, entschied ich mich, Banja dennoch zu behalten, da mir ihr weiteres Schicksal in den Händen einer solchen „Züchterin“ zu ungewiss erschien.
Banjas schwarzer Bruder Branko Majo no koya wurde auf der Weltsiegerzuchtschau in Dortmund (29.05. – 01.06.2003) zum Weltjugendsieger gekürt. Kurz darauf wurde die Meldung verbreitet, er sei “von einem rücksichtslosen Autofahrer überfahren” worden. In der Datenbank ist Brankos Tod angegeben als
“fragwürdiger Unfalltod ca. Juni/Juli 2003”
Er wurde also gerade etwas älter als nur ein Jahr!
(Vielleicht hätte man die finanziellen Mittel, die in seine Ausstellungen investiert wurden, mal besser für seine Untersuchung verwenden sollen.)
Da geplant war, Banja am 14.09.2003 auf der CAC Zuchtschau in Lenzburg (Schweiz) mit der Richterin Gerda Kastl auszustellen, fuhren wir im August zur Vorbesprechung zum Spitz-Höck.

Dort erfuhr ich von der damaligen Zuchtwartin des Schweizerischen Clubs für Spitze, Madeleine Hermann, dass die Hündin Alena ohne jegliche Absprache mit ihr einfach in Deutschland gedeckt worden und sie, als Zuchtwartin, erst im Nachhinein darüber informiert worden sei. Darüber war sie, verständlicherweise, alles Andere als begeistert, denn zum damaligen Zeitpunkt kam eine derartige Anpaarung einem Sakrileg gleich und darum hatte es für sie zur Folge, dass sie als Zuchtwartin im Anschluss nach Deutschland zum dortigen Hauptzuchtwart Lothar Mende fahren musste um dort – (O-Ton!) – „Abbitte zu leisten“ und sich diesen Wurf nachträglich genehmigen zu lassen!


Obwohl klar war, dass Banja aufgrund ihres schweren Herzfehlers, der genetischen Vorbelastung durch Inzest-Verpaarung (Orpheus vom Seerosenweiher mit seiner eigenen Tochter Ursina), sowie ihres mittlerweile zutage getretenen praktisch unkontrollierbaren Jagdtriebes unter gar keinen Umständen zur Zucht eingesetzt werden durfte, hatte ich mich mit Banja also extra auf den Weg in die Schweiz gemacht, um sie in Lenzburg auszustellen. Ebenso klar war, dass sie dort nur einen Richterbericht erhalten würde, in dem sie disqualifiziert werden würde, aber zumindest wurde sie auf diese Weise als reinrassige Deutsche Spitzin mit Abzeichen (!!!) aktenkundig und konnte nicht länger als „nicht existent“ behandelt werden.


nicht einmal ein Datum hielt man für nötig!
So konnte sie, wenn sie schon selbst nicht zur Zucht einsetzbar war, doch immerhin für andere Spitze mit Abzeichen und gescheckte Spitze einen unschätzbaren Beitrag zu deren späterer Anerkennung leisten und ihnen den Weg zurück in die Zucht ebnen, ohne den die heutige Großspitz-Zucht wohl undenkbar wäre!
Auch wenn Banjas Beitrag zur Großspitz-Zucht ein anderer war als der anderer Hündinnen – er war doch kein bisschen weniger wichtig und auch kein bisschen weniger wert, denn er hat in den Köpfen etwas in Bewegung gesetzt!

Die Angaben zum Tod ihrer Mutter Alena in der Datenbank:
“Alena verstarb im Januar 2005.
Lt. HP Majo no koya hatte Alena eine unfallbedingte Krankheit von der sie sich, trotz einer Operation nicht mehr erholte. (Genauer Todestag/Ursache nicht bekannt)”
Sie starb mit nur 5½ Jahren!
Banjas weißer Bruder Boy Majo no koya wurde mehrfach für sein Aussehen prämiert und hat dann Nachwuchs mit der schwarzen Großspitzin Alice vom Veitenhof erbracht, die seine Züchterin sich nach dem Tod seiner Mutter Alena zugelegt hatte. Mit seiner Tochter Faye Majo no koya wurde dann weiter gezüchtet.
Keine Frage – Boy war ein schöner Hund – aber was vererbt ein jagender Hund mit einer derartigen Familiengeschichte? Wäre es nicht sinnvoller, Gesundheit und ggf. Wesen statt Optik zu bewerten?
Welche Folgen hat der Einsatz eines solchen Hundes zur Zucht für die Gesamt-Population?
Welches Problembewusstsein sowohl seitens der Züchterin, aber vor Allem seitens eines Vereins, unter dessen Obhut und in dessen Namen dies geschieht, kommt hier zum Ausdruck?
Das Problembewusstsein des Vereins wird wohl am Besten dadurch verdeutlicht, dass er genau diese Züchterin zur Zuchtwartin bestellt hat! (Wie ging doch gleich dieser Spruch mit dem Bock und dem Gärtner?)
Selbstverständlich kann der Saulus zum Paulus werden und auch ein schlechter Züchter kann dazulernen und sich ändern. Diesen Schluss lässt aber die Darstellung auf ihrer HP nicht einmal ansatzweise zu!
Aber zurück zu Banja selbst:
Seitens des Vereins wurde Banja also nicht etwa aufgrund ihrer erblichen und individuellen schweren genetischen Vorbelastung als nicht zuchttauglich angesehen, sondern – man höre und staune – aufgrund ihrer weißen Pfoten und Abzeichen!
Berücksichtigt man die in der Geschichte nachweisliche genetische Farbvielfalt, so ist ein derart begründeter Ausschluss von der Zucht nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern völlig absurd. Ich selbst dagegen hielt Banjas Einsatz in der Zucht für nicht verantwortbar und das sehe ich auch nach vielen Jahren nicht anders!
Ihr Einsatz als Wegbereiterin für gescheckte Großspitze in der Zucht war weitaus wertvoller als das Einschleppen weiteren kranken Erbgutes in eine winzige Zuchtpopulation!






Dennoch wurde Banja nicht kastriert, weil dies in meinen Augen eine Verstümmelung bedeutet, die die Gefahr der Inkontinenz beinhaltet und zu verschiedenen sehr nachteiligen Veränderungen des Verhaltens, der Fellstruktur und anderen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann (siehe unter „Pepper“).
Ein Deckakt kann auch auf andere Weise verhindert werden. (Wozu gibt es Halsband und Leine?)
In den nächsten Jahren verbrachte Banja eine wirklich gute und glückliche Zeit mit Otto, Griepto, Gilla und Pepper.

Sie war dem alten Otto die fürsorglichste Altenpflegerin, die man sich nur vorstellen kann, genoss es, nach Herzenslust mit Griepto zu raufen und hatte Gilla regelrecht adoptiert. Sie hatte schon lange die Führung des Rudels übernommen und erzog Gilla zwar streng, aber wirklich liebevoll.

Lediglich mit Pepper gab es einige Auseinandersetzungen wegen Peppers unkontrollierbaren Fresszwangs. Trotz alledem bildete sie mit ihr in vielerlei Hinsicht ein fantastisches Team, denn die beiden hatten das gleiche überschäumende Temperament und explodierten förmlich vor Arbeitseifer, wenn man sie vor neue Herausforderungen stellte!





Im Jahr 2007 schlug allerdings das Schicksal erneut erbarmungslos zu und bei Banja wurde eine spezielle Form der Epilepsie diagnostiziert, die durch Inzucht entsteht und früher beim Cockerspaniel als sog. „Cockerwut“ bekannt war. Bei diesen Anfällen sind die Hunde regelrecht „weggetreten“, beißen vollkommen unkontrolliert und blind um sich. Das führte dazu, dass sie nach zwei sehr schweren Beißereien mit Gilla und nachdem ich gerade noch verhindern konnte, dass sie von Griepto totgeschüttelt wurde, von den anderen Hunden aus dem Rudel ausgeschlossen wurde und nie wieder in die Nähe des Rudels kommen durfte. So traurig und tragisch es war – es war kein Charakterfehler Banjas, sondern zeigt einfach ein weiteres schlimmes Ergebnis von Inzucht mit allen sich daraus ergebenden Dynamiken auf!
Glücklicherweise beschloss einer meiner inzwischen erwachsenen Söhne kurzerhand, sie zu sich zu nehmen. Dort lebte sie in einer ruhigen Einzelhaltung und ihre Anfälle blieben – halbwegs – unter Kontrolle. Sie lebte – weiterhin abgöttisch geliebt – bei ihm, wo ich sie jederzeit besuchen konnte, war aber weiter in meinem Besitz und ich sorgte dafür, dass sie die notwendige medizinische Betreuung erhielt.
Er unternahm viel mit ihr und hatte extra für Banja einen gut eingezäunten Garten angemietet, damit sie wenigstens dort ohne Leine herumlaufen konnte und so ging es ihr, den Umständen entsprechend, gut. Trotzdem hat sie sich an die Einzelhaltung lange gewöhnen müssen. Für einen Hund, der immer mit anderen Hunden zusammen gelebt hat, ist das nicht unbedingt einfach. Manche kommen gut damit zurecht und andere nicht. Auch wenn wir Menschen uns nur all zu gern einbilden, wir könnten einem Hund sein Rudel ersetzen, so weiß ich aus über 50 Jahren Hunde-Erfahrung mit Bestimmtheit, dass es nicht so ist!
Am 18.07.2011 musste Banja dann schließlich doch noch kastriert werden, weil sie eine geschlossene und sehr untypisch verlaufende Pyometra (Gebärmuttervereiterung) entwickelt hatte. Sie war buchstäblich in letzter Sekunde dem Tod von der Schippe gesprungen und wir alle waren heilfroh, dass sie diese Operation gut überstanden hatte, denn sie hatte ja nicht nur das Risiko, das sich aus der Pyometra selbst ergab, sondern auch das durch den Herzfehler besonders hohe Operationsrisiko.

Im Frühjahr 2012 erlitt unsere Banja einen Schlaganfall und kämpfte sich noch tapfer ins Leben zurück. Doch das in diesem Zusammenhang erstellte Röntgenbild ihres Brustkorbes zeigte bereits die massive Vergrößerung ihres Herzens. Die Folgen sollten sich kurze Zeit später dann durch schnell und massiv zunehmende Atemnot zeigen.
Am 12. März 2012 haben wir sie erlöst.
Schlaf wohl – liebe Banja!
Du hattest es nicht leicht im Leben. Aber mit vereinten Kräften haben wir es dennoch geschafft, dem Leben statt der Dir zugestandenen 3 Jahre Lebenserwartung fast 10 Jahre mit vielen guten Zeiten und glücklichen Momenten abzutrotzen!
Und “Ja!” – heute gibt es wieder schwarze Großspitze wie Dich mit Abzeichen und sogar gescheckte Großspitze in der Zucht!!!
