oder
Warum der Spitz so ist, wie er ist und was aus ihm wird . . .
Stand: 29.05.2025
Inhalt
- Wie Alles anfing – der Beginn der Domestikation
- Züchterische Selektion zur Erhöhung des Nutzens
- Warum haben Hunde ein unterschiedliches Aussehen?
- Was ist nun mit dem Spitz?
- Der Spitz in der klassischen Antike
- Mittelalter und frühe Neuzeit – Das Leben ist (k)ein Ponyhof
- Der Spitz am Übergang zur Moderne – Die Überraschung!
- Auf der Karrierreleiter steil nach oben . . .
- “Who is Who” und “Wer kommt wo her”?
- Von der Vervielfältigung der Varietäten (oder: Die Plutimikation nach Pippi L.)
- Quo vadis – Deutscher Spitz?
- Bibliografie
1. Wie Alles anfing – der Beginn der Domestikation
Wenn man über Haustiere redet, sind immer auch deren Eigenschaften, Fähigkeiten, Nutzen usw. interessant. Wo der Mensch keinen Vorteil aus der Domestikation bestimmter Tiere ziehen konnte, unterblieb sie.
Wie muss man sich die Domestikation von Nutztieren vorstellen?
Grundsätzlich gehört der Hund, bzw. seine Vorfahren zu den sog. Kulturfolgern. Das bedeutet, dass seine Vorfahren sich den paläolithischen (steinzeitlichen) Menschengruppen genähert haben um an deren kulturellen Errungenschaften (u.A. Jagd, Nahrungshorte, beginnende Tierzucht usw.) zu partizipieren. Zunächst bewohnte der steinzeitliche Mensch beispielsweise Höhlen, später aber auch Ansiedlungen, bei denen nicht weiter verwertbare Essensreste in Gruben oder an anderen eigens dafür bestimmten Plätzen entsorgt wurden. So konnten die Wölfe vergleichsweise bequem an Nahrung gelangen. Sie folgten also den Nomadenstämmen und hielten sich auch bei beginnender Sesshaftwerdung des Menschen in dessen Nähe auf. Während manche Tiere sehr scheu waren, verloren andere ihre Scheu mehr oder weniger und ließen sich mit der Zeit sogar anlocken oder versuchten, durch eine “Überfalltaktik” Nahrung zu stehlen, wenn sie eine Chance dazu sahen. Sie gewöhnten sich also an die Nähe des Menschen.

Der steinzeitliche Mensch seinerseits erkannte, dass auch er von der Nähe des Wolfes profitieren könnte. Zum Einen vertilgte der Wolf übelriechende Nahrungsreste und trug damit zu Hygiene und Wohlbefinden bei, andererseits nahmen sicherlich auch steinzeitliche Jäger bisweilen einzelnen Wölfen und kleineren Rudeln deren Beute ab oder ließen sich (vom Wolf natürlich unbeabsichtigt) von ihnen zu guten Jagdgründen führen. Dadurch war der Wolf nicht mehr einfach nur Nahrungskonkurrent, sondern konnte sich als Partner bei der Jagd etablieren.

Durch Auffüttern verwaister oder ausgegrabener Wolfswelpen konnte der Mensch seine Beziehung zum jeweiligen Tier verbessern und es für das Zusammenleben mit dem Menschen sozialisieren, wodurch sich verschiedene Formen der Zusammenarbeit erheblich verbessern ließen. Zum Auffüttern wurden dazu z.B. junge Schweine, Wölfe oder andere zu domestizierende Tiere anfangs an der weiblichen Brust genährt, im weiteren Verlauf dann mit vorgekauter Nahrung versorgt und so mehr oder weniger stark auf den Menschen geprägt.


2. Züchterische Selektion zur Erhöhung des Nutzens
Das heißt nichts anderes, als die Festlegung spezifischer Zuchtziele. Dabei muss berücksichtigt werden, welche Eigenschaften und Fähigkeiten die zur Zucht eingesetzten Tiere von sich aus bereits mitbringen, weil man durch Zuchtauswahl natürlich nur verstärken kann, was bereits vorhanden ist. Indem man nun immer diejenigen Tiere miteinander verpaart, bei denen die gewünschten Eigenschaften besonders stark ausgeprägt sind, kann man diese im Laufe der Zeit verstärken.
Beispiele:
Kanarienvogel
Der Kanarienvogel oder „Harzer Roller“ hat einen ausgesprochen feinen Geruchssinn. Man züchtete ihn deshalb vorwiegend für den Bergbau, wo die Kanarienhähne die Bergleute mit ihrem Gesang vor aufkommendem Gas warnten. Die züchterische Selektion brachte einen besonders lauten und melodiösen Gesang hervor, damit diese lebenswichtige Warnung nicht so leicht überhört werden konnte. Sobald der Harzer Roller seinen Gesang einstellte, war es höchste Zeit für die Bergleute, sich in Sicherheit zu bringen!
Rinder
Hier gab es verschiedene Zuchtziele, je nach beabsichtigter Verwendung, wobei immer die Mehrfachnutzung möglich war, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Fleischrinder, Milchvieh oder Zugvieh.
Noch viele solche Beispiele könnten hier aufgeführt werden, aber es soll ja um den Hund gehen. Was heißt das also bezogen auf unseren Haushund?
Die Ahnen des Hundes brachten Eigenschaften mit, die dem prähistorischen Menschen von großem Nutzen sein konnten:
Jagdtrieb, Rudelverhalten, Territorial- oder Revierverhalten.
Aus diesen drei Eigenschaften lassen sich viele Fähigkeiten unseres heutigen Hundes ableiten.
Jagdverhalten hat viele Facetten und beinhaltet u.A.
- Aufstöbern von Beute,
- Stellen der Beute,
- Zusammentreiben von Beutetieren und Abteilen eines einzelnen Beutetieres aus einer Herde,
- Jagen in der Gruppe und somit die Kommunikation und Zusammenarbeit mit anderen Rudelmitgliedern,
- Töten der Beute
Zum Rudelverhalten gehört
- Rangordnungsgefüge mit Verhaltensnormen und Rollenverteilung,
- mehr oder weniger ausgeprägtes Repertoire kommunikativer Fähigkeiten (Körpersprache usw.)
- Zusammengehörigkeitsgefühl inkl. Verteidigungsbereitschaft gegenüber Nicht-Rudelmitgliedern,
- Teilen der Nahrung,
- gemeinsame Aufzucht und Sozialisation der Nachkommen,
Territorial- oder Revierverhalten beinhaltet
- Verteidigen der Beute,
- Markierung und Verteidigung des Jagdreviers und Lagerplatzes des Rudels, sowie der Nachkommen.
Über diese Arbeits-Eigenschaften hinaus war der Hund für den Menschen von der Steinzeit bis in jüngste Zeit und keineswegs nur in fernöstlichen Ländern, sondern auch in West- und Mitteleuropa, ein wichtiger Lieferant für Fleisch, Pelz und Leder.1

Plakat einer temporären Ausstellung im Musée des Tumulus de Bougon, Frankreich, aus: Autengruber-Thüry 2021, S. 383, © Foto: H. Autengruber-Thüry

Einzelne Skelettteile domestizierter Vorfahren des Hundes konnten bereits für die Zeit vor ca. 36.000 Jahren (Höhle von Goyet, Belgien) und 33.000 Jahren (Altai, Sibirien) urgeschichtlich und erbgutanalytisch nachgewiesen werden. Eine Domestikation des Haushundes in größerem Umfang wird für den Zeitraum von vor 18.000 bis 32.000 Jahren angenommen, bzw. belegt.3 4


Während die Nachweise aus Goyet und dem Altai lediglich Nachweise des Vorhandenseins von Vorfahren unseres Hundes (im Sinne einer genetischen Veränderung gegenüber dem Wolf) liefern, weil sich die Fundstücke in entsprechenden sog. Fundhorizonten befanden und erbgutanalytisch zugeordnet werden konnten, finden wir in einem Doppelgrab in Oberkassel (Stadtteil von Bonn) ein ca. 13.300 bis 14.000 Jahre altes Grab, das der Federmesser-Kultur zugeordnet werden muss und damit einer noch nicht sesshaften Jäger-und Sammler-Kultur, Skelettreste eines eindeutig mitbestatteten Hundes. Dies ist insofern von Bedeutung, dass die in Goyet und dem Altai gefundenen Skelett-Teile keine Auskunft darüber geben, welcher Art die Beziehung zwischen Mensch und Hund war. Es könnte sich dabei also durchaus noch um einen sog. Lagerwolf handeln. Ein Lagerwolf ist bereits ein Kulturfolger: Er hat sich dem Menschen angeschlossen, weil er beispielsweise um das Lager des Menschen herum Fressbares gefunden hat. Die Beziehung zum – zu diesem Zeitpunkt noch nicht sesshaften – Menschen ist jedoch noch sehr lose und wenig vom Menschen beeinflusst.
Die Mitbestattung eines Hundes in Oberkassel belegt jedoch eine neue Qualität in Sinne einer bereits relativ tiefgreifenden Verbindung und Bedeutung des Hundes für den Menschen und damit die erste wirkliche Stufe der Domestikation, sofern man die Domestikation als zielgerichtete und willentliche Einflussnahme durch den Menschen versteht. Über genaueren Inhalt dieser Verbindung/Bedeutung können bislang nur Mutmaßungen angestellt werden. Vielleicht gibt es irgendwann weitere Funde oder Weiterentwicklungen der Wissenschaften, die Aufschluss darüber geben können.
An dieser Stelle möchte ich noch ergänzend anmerken, dass wir im Allgemeinen den Begriff der Domestikation immer als nur einseitig zielgerichtete Einflussnahme des Menschen auf eine Tiergruppe in seiner Umgebung sehen. De facto sollte aber m. E. wesentlich stärker die Tatsache berücksichtigt werden, dass diese Beeinflussung wechselseitig ist. Zum Einen sind keineswegs alle Tiere gleichermaßen domestizierbar. Zum Anderen beeinflusst die Domestikation bestimmter Tiere auch uns Menschen. Auf den Hund bezogen heißt das: Mit dem – auf derzeitigem Stand der Wissenschaft – Hund als erstem domestizierten Begleiter des frühen Menschen eröffneten sich diesem eine ganze Reihe neuer und wertvoller (Entwicklungs-)Möglichkeiten, die er ohne Hund so nicht gehabt hätte. Beispiele:

- Zwar konnte der frühe Mensch auch ohne Hund erfolgreich jagen – mit einem oder mehreren Hunden konnte er aber nicht nur leichter und folglich mehr Wild erbeuten, sondern auch Tiere jagen, die ohne Mithilfe des Hundes für ihn zu schnell oder zu groß gewesen wären.
- Insbesondere sehr wehrhaftes Wild (z. B. Wildschwein, Auerochse etc.), dessen Jagd ohne Hund(e) nur in einer größeren Gruppe erfolgreich war, konnte mit Hund(en) auch von einer geringeren Anzahl menschlicher Jäger überwältigt werden. Dies ermöglichte dem Menschen also das Leben auch in weniger großen Familienverbänden.
- Mit dem Hund an seiner Seite konnte der frühe Mensch weitere Nutztiere (Schweine, Schafe, Rinder) leichter domestizieren, da der Hund solche Herdentiere nicht nur als Herde leichter zusammenhalten konnte als der zunächst noch nomadisierende Frühmensch, sondern sie auch gegen Übergriffe anderer Raubtiere (oder auch Menschen) besser schützen konnte als der Mensch allein es gekonnt hätte.
- Da die Sesshaftwerdung des Menschen zwangsläufig zumindest eine minimale Vorratshaltung notwendig machte und Lebensmittelvorräte und eingestallte Nutztiere besonders im Winter zwei- und vierbeinige Diebe anzogen, die einen festen Wohnsitz leichter auskundschaften konnten als ein alle paar Tage wechselndes Lager, trug der Hund als Wächter einen nicht unerheblichen Teil dazu bei, dem Menschen die Sesshaftigkeit überhaupt zu ermöglichen.

Das soll keineswegs heißen, dass der Mensch bestimmte Entwicklungen nicht auch ohne den Hund hätte machen können, aber möglicherweise hat der Hund die Entwicklung vereinfacht und/oder beschleunigt. Wir müssen uns also durchaus ernsthaft fragen, ob wir Menschen ohne den Hund überhaupt zu dem geworden wären, was wir heute sind. Nicht nur der Mensch hat den Hund geformt und geprägt, sondern auch der Hund den Menschen.
Diese wechselseitige Beeinflussung zwischen menschlicher Entwicklung und Veränderung seiner Umgebung durch die Domestiation von Tieren lässt sich auch in anderen Bereichen nachweisen, wie z. B. der Milchvieh-Domestikation und Lactose-Intoleranz. Dabei handelt es sich nicht, wie manche Leute glauben, um eine Erkrankung, sondern einfach um die ursprüngliche Variante eines menschlichen Gens. Ursprünglich deshalb, weil die frühen Vorfahren des Menschen ganz normal mit zunehmendem Alter die Fähigkeit verloren, Lactose (Milchzucker) zu verstoffwechseln. Nachdem der Mensch jedoch Milchvieh domestiziert hatte, erwies sich eine genetische Mutation, die offensichtlich im nordeuropäischen Raum auftrat und den dortigen Menschen auch im Jugend- und Erwachsenenalter die Verstoffwechselung von Milch und Milchprodukten erlaubte, als wichtiger evolutionärer Vorteil. Aus diesem Grund setzte sich diese genetische Variante in Nordeuropa durch und ist heute noch weit verbreitet, obwohl der entsprechende evolutionäre Vorteil in heutiger Zeit keine so wichtige Rolle mehr spielt.
Daran wird also deutlich, dass auch Anpassungen des Menschen an die von ihm selbst durch Domestikation bestimmter Tiere geformte Umwelt nicht nur erfolgte, sondern sogar eine sehr wichtige Bedeutung hatten, bzw. haben konnte.
Je nach Verwendung des Hundes wurden im Laufe der Jahrtausende unterschiedliche Gebrauchs-Eigenschaften selektiert, denn selbstverständlich kann man keinen Hund zur Jagd verwenden, der die Beute auffrisst noch bevor der viel langsamere menschliche Jäger zur Stelle ist oder der aufgrund seines eigenen stark ausgeprägten Beute-/Revierverhaltens nicht bereit ist, sie dem menschlichen Jäger zu überlassen.
Auch kann man keinen Hütehund gebrauchen, der gemeinsam mit den anderen Hunden die Schafe zusammentreibt, um anschließend ein einzelnes abzuteilen und zu erlegen. Die Differenzierung zwischen Jagd- und Hütehunden erfolgte, neueren Erkenntnissen zufolge, bereits im mittleren 10. Jahrtausend v. Chr. im westlichen Eurasien.9
3. Warum haben Hunde ein unterschiedliches Aussehen?
Bei einem Experiment in Sibirien, in dem die russischen Biologen Dmitri Beljajew und Ludmilla Trut als Pelztiere gezüchtete Füchse auf ihre Zahmheit hin selektierten, zeigten sich bereits nach wenigen Generationen sowohl Scheckungs- und andere stark abweichende Farbmerkmale, als auch Schlappohren, Ringelschwänze und diverse Verhaltensänderungen! Das führt uns vor Augen, wie schnell und wie vielfältig züchterische Intervention/Selektion wirksam werden kann.10
Hunde können, wie alle anderen Tiere auch, einen unterschiedlichen Körperbau aufweisen. Selbstverständlich ist ein großer zartgliedriger Hund wesentlich schneller und eignet sich also besser zur Jagd auf schnelles, aber wenig wehrhaftes Wild (z.B. Greyhound). Will man aber einen Hund, der die Schafherde vor Wölfen oder Bären schützt oder für den Krieg, muss man schon einen sehr kräftigen Hund züchten, der mit anderen Hunden im Team arbeitet, sonst hat er keine Chance (z.B. Maremmano, Çoban Köpeği ). Allerdings kann man mit solchen Hunden keine Füchse oder andere Tiere (z.B. Dachse) jagen, die Erdbauten bewohnen. Für diesen Zweck muss man also sehr kleine Hunde haben (z.B. Teckel).

Schlappohren bieten gerade bei der Jagd z.B. auf Feldern oder in dichtem Unterholz/Gestrüpp einen gewissen Schutz des Ohres vor eindringenden Fremdkörpern und sind deshalb bei praktisch allen klassischen Jagdhunden zu finden. Dagegen haben viele Hunde, die nicht zur Jagd eingesetzt wurden, Stehohren.

Im Laufe der Jahrhunderte brachte die Zucht mehr oder weniger zufällig auch unterschiedliche Farben und Felleigenschaften hervor, die dann weiter gefestigt wurden. Viele Hüte- und Herdenschutzhunde sind weiß (oder sind farblich den von ihnen gehüteten/bewachten Herdentieren angepasst), damit der Hirte sie jederzeit gut von Wölfen unterscheiden kann und nicht versehentlich erschießt. Ein schwarzer Hund kann dagegen gut nachts arbeiten. Seine Farbe bietet ihm eine gewisse Deckung.
Ein dickes Fell kann einem Hund Schutz vor Witterungseinflüssen oder in Auseinandersetzungen mit Raubtieren bieten, wogegen ein kurzes Fell z.B. das Einschliefen in einen Kaninchen- oder Fuchsbau erleichtern kann. Bei der Jagd in dichtem Gestrüpp verfängt es sich nicht.
4. Was ist nun mit dem Spitz?

Der Spitz ist wohl eine der ältesten Hunderassen der Welt und wird üblicherweise direkt auf den Torf- oder Pfahlbauspitz (Canis palustris familiaris Rütimeyer) zurückgeführt, einer Gruppe Hunde-Überresten im Fundhorizont der Mondseekultur (3800 bis 3300 v. Chr.), die von Ludwig Rütimeyer12 zuerst beschrieben wurde.
Diese entwicklungsgeschichtliche Einordnung geht zurück auf Theophil Studer, der 1901 die sog. “Urrassen-Theorie“13 entwickelte.
Diesem von Rütimeyer beschriebenen Fund am ehesten vergleichbar erschien der Fund des Torfspitz von Burlage (Foto), der 1953 bei Rhauderfehn gefunden und von den Paläontologen (Teilbereich der Geologie) Berger und Lotze, die ihn geborgen hatten, entsprechend lange Zeit als bronzezeitlicher Fund verortet wurde. Spätere Untersuchungen mit der Radiocarbon-Methode ergaben allerdings als Todeszeitpunkt das Jahr 1544 (± 67 Jahre) nach Chr.
Die von Studer postulierte und auch später noch von Konrad Lorenz vertretene Urrassen-Theorie ist inzwischen durch verschiedene genetische Untersuchungen widerlegt; die Abstammung vom Wolf ist erwiesen. Diverse Untersuchungen lassen die Vermutung zu (es gibt aber definitiv dazu verschiedene Theorien!), dass der Schwerpunkt der Domestikation des Hundes etwa in der Zeit vor 32.000 – 18.000 in Europa lag.
Die von uns Spitz-Liebhabern so gern gehörte und verbreitete Geschichte von unserem geliebten Spitz als direktem Nachfolger des Urhundes – Aus und vorbei – C’est la vie!
Da wird der Verein für Deutsche Spitze wohl in seinem FCI-Standard den kurzen geschichtlichen Abriss ändern müssen!
Nichtsdestotrotz sind, wie oben ausgeführt, bereits für die Altsteinzeit verschiedene Arten von Hunden nachgewiesen und die Frage ist natürlich, ob es für den heutigen Hundehalter wirklich von vordringlicher Bedeutung ist, ob sein Hund nun vom Torfhund, vom Aschehund14, vom Altaihund15 oder einer anderen Rasse der Alt- oder Jungsteinzeit abstammt.
Aus meiner persönlichen Sicht ist es wesentlich wichtiger, etwas über die teilweise jahrtausendelange Verwendung, sowie die damit verbundene züchterische Selektion und Eigenschaften der Hunderasse zu wissen, deren Vertreter man an der Leine hat.
5. Der Spitz in der klassischen Antike
Die Gruppe der spitzartigen Hunde ist dennoch eine der ältesten nachgewiesenen, wie uns eine Vielzahl antiker Abbildungen und Figuralen belegen. In Ägypten z. B. finden sich Belege ab der 4. Dynastie, dem sog. Alten Reich (ca. 2.640 v. Chr.).

Römerzeitliche Terrakotta aus Ägypten, 2. – 3. Jh. n. Chr., Martin-von-Wagner-Museum, Universität Würzburg, © Christina Kiefer, aus: aus Autengruber-Thüry 2021, S. 158,16

Der Melitäer – Malteser, Malteser-Spitz oder Spitz?
Der Melitäer war sowohl in Ägypten als auch im gesamten griechisch-römischen Mittelmeerraum eine beliebte und sehr verbreitete Schoßhunderasse von etwa der Größe eines heutigen Zwergspitzes. Anders, als aufgrund seines Rassenamens meist vermutet wird, lässt sich seine Herkunft keineswegs pauschal mit der Insel Malta in Verbindung bringen. Vielmehr leitet sich der Name vermutlich von dem semitischen Wort “màlat” ab und bedeutet so viel wie “Zuflucht” oder “Hafen”. In vielen Ortsbezeichnungen des Mittelmeerraums findet man diese Wortwurzel wieder, z. B. bei der südöstlich von Korfu gelegenen Insel Melitaea (heute Mljet) oder eben auch bei der Insel Malta.
Melitäer finden bereits bei Aristoteles (384-322 v.Chr.) in dessen zoologischer Schrift ‚Historia animalium‘ (Περὶ τὰ ζῷα ἱστορίαι – “Tierkunde”) unter dem lateinischen Namen “canes malitenses” Erwähnung und galten als ausgesprochen temperamentvoll, gelehrig und unterhaltsam. Abgesehen von seiner Größe wird über sein Aussehen von den antiken Autoren allerdings so gut wie nichts überliefert.
Die Bezeichnung Melitäer für einen spitzartig aussehenden Hund geht vermutlich auf eine unklare und fehlerhafte Interpretation Leopold Schmidts in seiner 1852 erschienenen Veröffentlichung “Mendico” zur heute verschollenen sog. Berliner Amphora zurück, die aber in späteren Veröffentlichungen anderer Autoren weder hinterfragt, noch korrigiert wurden, obwohl die Größe des abgebildeten Hundes ganz offensichtlich nicht den schriftlichen Überlieferungen entspricht. Stattdessen wurde die Bezeichnung “Melitäer” auch von späteren Autoren wie Otto Keller usw. übernommen und für alle spitzartig aussehenden Hunde verwandt.17
So lassen sich zwar nach Autengruber-Thüry in der Antike bestimmte regional verbreitete Hunderassen zuordnen, diese entsprechen aber keineswegs unserem heutigen Verständnis des Rassehundes mit relativ einheitlichem Erscheinungsbild.

Aus: Autengruber-Thüry 2021, S. 11, © Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin – Preussischer Kulturbesitz. Foto: Archiv
Dennoch lässt sich anhand der Abbildungen und Abbildungs-Zusammenhänge das Bild spitzartig aussehender Hunde unterschiedlicher, meist kleiner oder mittlerer, Größe rekonstruieren, deren Aufgabenbereich als Haus- und Hofhund definiert war und Bewachung und Schutz des Hauses und dessen Bewohner, sowie die Kontrolle von Schädlingen, wie z. B. Mäusen, Ratten und ähnlichem Getier (auch in Lagerhäusern) umfasste. Ihre Erscheinungsform konnte darüber hinaus von kurzbeinigen Hunden mit relativ stumpfem Fang bis zu quadratischen Hunden mit spitz zulaufendem Fang variieren.

Weit weniger bekannt ist wohl die Tatsache, dass speziell der Melitäer bestimmte religiöse Vorstellungen und Werte verkörperte, die im Kontext mit den ägyptischen Gottheiten Serapis, Isis und Harpokrates standen. Harpokrates war ein gehbehinderter Kindgott, der wegen seiner Gehbehinderung häufig reitend dargestellt wurde und als Verkörperung des “idealen Kindes” galt. Seine enge Verbindung zu Serapis (Gott der Fruchtbarkeit und Heilkunst; ein Schutzgott) und Isis (Göttin der Unterwelt, Wiedergeburt und Bestandteil vieler Riten des Totenkultes) bildet den religiösen Hintergrund für die Darstellungen des auf einem Melitäer reitenden Harpokrates auf Grabstelen – insbesondere der von Kindern. Auf den meisten Darstellungen sieht er aus wie ein Putto. Genau das ist aber ein vielfacher Grund für Fehlinterpretationen. Die Definition der Aufgabenbereiche des Melitäers (Schutz des Hauses und seiner Bewohner) ist nahezu kongruent zum religiösen Wirkungsspektrum der Göttertriade Harpokrates- Serapis – Isis. Darüber hinaus galt der Hund im Allgemeinen als wichtiger Begleiter ins Reich der Toten, Symbol für Treue oder auch als Wächter des Grabes.
Antipatros von Sidon (antiker griech. Epigrammdichter des Meleagros-Kranzes. Ende 2. Jh. bis Anfang 1. Jh. v. Chr. in Rom) überliefert außerdem, dass die Darstellung eines Hundes auf den Grabstelen von Frauen die Fürsorge der Verstorbenen für ihre Kinder symbolisiert hat.
Nicht nur das Verschenken kleiner sog. Fayum-Terrakotten des Melitäers, sondern auch Haltung und Besitz desselben repräsentierte also mehr als nur ein kleines Mitbringsel, Deko-Artikel, Kinderspielzeug oder Grabbeigabe, sondern transportierte gleichzeitig religiöse, gesellschaftliche Werte/Strukturen und manifestierte Machtverhältnisse.18
Die auffallende Vielzahl von Figurinen und Abbildungen des Melitäers in Häusern, Gräbern und Heiligtümern, sowie auf Gegenständen des täglichen Gebrauchs ist daher nicht einfach nur Ausdruck der Beliebtheit dieses kleinen Hundes, sondern darüber hinaus auch charakteristisch für seine Verwendung als assoziatives Kultsymbol, Grabbeigabe, Wallfahrtsbild, Votivgabe und magisches Objekt zur Bannung böser Mächte.
Gleichwohl bildete natürlich diese sehr vielschichtige Wahrnehmung des Melitäers in der Antike sicherlich einen der wesentlichen Grundpfeiler für die starke Verbreitung spitzartiger Hunde in der nachfolgenden Zeit.


römerzeitliche Terrakotta, Ägypten, 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr., aus: Autengruber-Thüry 2021, S. 78, © Foto: Akademisches Kunstmuseum Bonn, © Foto: Jutta Schubert

Terrakotta mit der Darstellung einer sich um ihren Wurf kümmernden Hündin mit ihren drei Welpen. Aus: Autengruber-Thüry 2021, S. 82, Fundort und genaue Datierung unklar, Sammlung Fouquet

Terrakotta ,,Welpe mit Schuh‘‘, Achmounéin (ca. 300 km südl. v. Kairo), Aus: Autengruber-Thüry 2021, S. 85 – , keine genaue Datierung, Sammlung Fouquet
Diese Nachweise liefern uns jedoch keine Informationen zu Verteilung und Entwicklung von Hundepopulationen, bzw. zu Verbleib und Entwicklung des Spitzes nördlich des Mittelmehrraumes.
Einen Überblick zur Verteilung antiker Hundetypen und -rassen anhand der Analyse (vor)römerzeitlicher (also eisenzeitlicher) Hundeknochen aus den westlichen Rhein-Donau-Provinzen liefert allerdings der Artikel “Der Hund in der Antike aus archäozoologischer Sicht”. 19
Nicht ganz unproblematisch ist dabei der Bezug auf Otto Keller und die von ihm gemachten Feststellungen zum sog. Melitäer und dessen Verbreitung.
Gleichzeitig wird aber deutlich, dass es nördlich der Alpen eine Vielzahl regionaler, meist mittelgroßer, Gebrauchs-Hunderassen gab, sowie einige Hunde römischen Ursprungs, die in dieser Arbeit den Mittelspitzen zugerechnet werden.
Geschichtlich befinden wir uns am Übergang zur Völkerwanderung, die zum Ende des 4. nachchristlichen Jahrhunderts durch den Einfall der Hunnen ausgelöst wurde und zur Migration vieler germanischer Stämme Richtung Westen und Südwesten führte. Bekanntlich wurden bei solchen Völkerwanderungen immer Nutztiere mitgeführt und somit auch Hunde. Die Quellenlage in diesem Zeitraum, insbes. hinsichtlich schriftlicher Überlieferungen aus dem nordosteuropäischen Raum ist mehr als schwierig/dürftig und verbessert sich auch nur unwesentlich mit Beginn des Mittelalters ca. 200 Jahre später.
Dessen ungeachtet müssen sich aber in genau dieser Zeit im Gebiet des heutigen Nord- und Mitteleuropa verschiedene regionale Variationen des Spitzes etabliert haben (dazu im weiteren Verlauf mehr…) – eine davon ist der Deutsche Spitz:
Der Deutsche Spitz ist in seinen vordringlichen Eigenschaften ein Wachhund.
Nun macht es aber wenig Sinn, einen Hund als Wachhund einzusetzen, der die eigenen Hühner oder Enten frisst. Ebenso unbrauchbar ist ein Hund, der im Feld nebenan zwei Hasenohren sieht und voller Jagdeifer den Hof verlässt.
Neben besonders ausgeprägter Wachsamkeit sollte ein solcher Hund also möglichst kein Jagdverhalten zeigen! Allerdings muss das Territorialverhalten dieses Hundes besonders im Vordergrund stehen, damit er das ihm zugewiesene Territorium nicht verlässt und bei Bedarf auch entsprechend verteidigt. Diese Eigenschaften finden wir im Spitz wieder.
Deutlich unterschieden werden muss daher zwischen Deutschem Spitz und anderen, ihm häufig zum Verwechseln ähnlich aussehenden Hunden, z. B. Samojedenspitzen, Finnenspitzen, Schwedischen Lapphunden, Islandspitzen usw., denn ausschließlich beim Deutschen Spitz gehört das fehlende Jagdverhalten zu den vordringlichen Rassekennzeichen – die anderen Spitze jagen sehr wohl!
Bildvergleiche (Anklicken)








Das häufig vorgebrachte Argument, dass der Deutsche Spitz doch auch Ratten, Mäuse, tw. auch Katzen usw. jage und daher also doch Jagdtrieb habe, beruht auf dem Irrtum, dass die sog. Raubzeugschärfe dem Jagdtrieb zuzuordnen sei. (Anklicken für ausführliche Erklärung)
Dabei wird übersehen, dass Jagdverhalten grundsätzlich keinerlei aggressive Aspekte beinhaltet, denn ein Beutegreifer jagt keinen Hasen, weil er ihn hasst, wütend auf ihn wäre oder sich und seine Ressourcen von ihm bedroht fühlt, sondern weil er sich z. B. von Hasen und ähnlichem Getier ernährt! Er käme auch nicht auf die Idee, den Hasen vorher anzuknurren, denn das Anknurren ist eine leichtere Form der Aggression mit dem Ziel, den Anderen zu vertreiben. Und es ist ja nicht sonderlich sinnvoll, sein eigenes Mittagessen zu verscheuchen. Aggressivität findet sich also auf keiner einzelnen Ebene der sog. Jagdkaskade!

Im Gegensatz dazu ist die Raubzeugschärfe sogar hochgradig von Aggression geprägt und stellt eine besondere Ausprägung des Territorialverhaltens dar, das auf die Verteidigung der eigenen Ressourcen (Revier, Futter, Nachkommenschaft usw.) gegenüber anderen Beutegreifern und/oder Nahrungskonkurrenten abzielt. Das Ausmaß der Aggression ist direkt proportional zum Ausmaß der Bedrohung (z. B. abhängig von der Distanz). Aus diesem Grund beispielsweise vertreibt der Spitz Marder, Füchse, Rabenvögel oder auch fremde Hunde und Katzen (Auch Ratten und Mäuse fressen von den Nahrungsressourcen des Spitzes und fallen daher unter diese Rubrik!) vom Grundstück – nur, wenn sie sich nicht vertreiben lassen, steigert sich die Aggression von wütendem Gebell über Knurren und Scheinangriffe bis zum echten Angriff und ggf. Tötung (z. B. der Maus, Katze etc.). Außerhalb des eigenen Grundstücks sind ihm dieselben Tiere meist vollkommen gleichgültig und die hauseigenen Katzen begreift er sogar als Teil seiner Lebensgemeinschaft, teilt die Ressourcen mit ihnen und verteidigt sie!
In der Zwischenzeit wird von manchen selbsternannten “Experten” die Existenz der Raubzeugschärfe an sich bestritten. Diesen empfehle ich allerdings, sich entweder einmal mit Herdenschutzhunden zu beschäftigen, bei denen genau diese Raubzeugschärfe das wesentliche Charakteristikum der Rasse-Eigenschaften bildet, bzw. den Blick auf verschiedene wild lebende Beutegreifer zu lenken, denn aus genau diesem Grund töten beispielsweise Löwen Hyänen und Wildhunde, die sie anschließend auch nicht auffressen.
Der Grund dafür, dass Löwen die getöteten Wildhunde nicht fressen, der Spitz die Maus aber sehr wohl, ist sehr einfach: Für die meisten Carnivoren (Fleischfresser) ist das Fleisch anderer Carnivoren (bis auf wenige Ausnahmen, z. B. Krokodile) ungenießbar! Der Wildhund ist selbst ein Carnivor, die Maus aber nicht. Bei freilaufenden Katzen lässt sich dieses Phänomen häufig beobachten: Sie fressen zwar Mäuse – Spitzmäuse dagegen nicht. Und falls sie es doch einmal tun, erbrechen sie sich normalerweise, denn die Spitzmaus gehört, auch wenn sie sehr klein ist, ebenfalls zu den Carnivoren.
Oder, falls ihnen das als Bestätigung der Existenz von Raubzeugschärfe nicht ausreicht, sollten sie sich doch besser aufs Tulpenzüchten verlegen. Ich werde hier nicht auch noch beweisen, dass und warum Hunde normalerweise 4 Beine haben!
Man könnte den Spitz also im Prinzip als eine Art “kleiner Herdenschutzhund im Home-Office” betrachten, bei dem aber im Vergleich zu den eigentlichen heutigen Herdenschutzhunden im Laufe der Jahrtausende das Territorialverhalten noch wesentlich (!) weiter abgeschwächt wurde.
Diese Parallele wird besonders augenscheinlich, wenn man Zeitpunkt und Bedeutung der Prägung beim Herdenschutzhund und beim Spitz vergleicht.
Beim Herdenschutzhund muss die Prägung auf “seine” zu schützende Tiergruppe nicht nur sehr früh stattfinden – sie hat auch grundlegende Bedeutung für die Frage, wie und ob er überhaupt als Herdenschützer korrekt arbeitet. Soll er eine Schafherde verteidigen, muss er im Grunde genommen bereits unter Schafen aufwachsen, weil er sich selbst als Bestandteil dieser Tiergruppe begreifen muss. Er muss sich also selbst für ein Schaf halten – wenn auch für ein “besonderes” und etwas anderes Schaf. Das ist etwas grundlegend Anderes, als nur eine Beziehung zu dieser Tiergruppe aufzunehmen. Die Prägephase von Herdenschutzhunden ist darum auch nachweislich früher und bedeutsamer als die Prägephase beispielsweise bei Jagdhunden.
Beim Spitz sollte man darauf achten, dass man ihn nach Möglichkeit mit der ganzen Familie vom Züchter abholt. Ist das nicht möglich, sollte zumindest bei seinem allerersten Eintreffen im neuen Zuhause die gesamte Familie anwesend sein.
Genau die Menschen, die er dann vorfindet, betrachtet er als “seine” Familie und wird sie bis zur letzten Faser verteidigen – jeder Andere, der später hinzukommt, fällt bei ihm unter die Rubrik “Ferner liefen…”. Die einzige Ausnahme dabei bilden später geborene Kinder, die er regelrecht fanatisch beschützt und behütet.
Und er wird auch genau das Zuhause, das er in diesem Moment vorfindet, als das Territorium ansehen, das für seine spätere sog. Hoftreue entscheidend ist. Wobei er sehr wohl auch ein mobiles neues Zuhause entsprechend einordnet (z. B. in früheren Zeiten den Planwagen oder Kahn – heute evtl. ein Wohnmobil). Die genauen Grenzen muss man ihm allerdings beibringen.
Diese Prägung hält beim Spitz, ebenso wie beim Herdenschutzhund, sein Leben lang an. Und genau diese Prägung ist dafür verantwortlich, dass Spitze im Normalfall erheblich (!) stärker auf “ihren” Menschen oder “ihre” Familie fixiert sind als andere Hunde.

6. Mittelalter und frühe Neuzeit – Das Leben ist (k)ein Ponyhof!
Das fehlende Jagdverhalten der Deutschen Spitze spielte insbesondere im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Rolle.

Im Vordergrund ein geschorener sog. Löwenspitz
Im Mittelalter legten die Adeligen besonderen Wert darauf, dass ihr Wildbret ihnen erhalten blieb und nicht auf den Tischen der ärmeren Untertanen landete. Da aber Bauern selbstverständlich zu Recht einen Hund zur Bewachung des Hofes und als Hilfe beim Hüten des Viehs beanspruchten, wurde den jagdtauglichen Hunden in aller Regel ein Lauf gebrochen oder auch abgehackt. Alternativ wurden die Hunde gebüngelt, bzw. gebötelt. Das hieß, dass dem Hund ein 3 Finger dicker Knüppel an den Hals gebunden werden musste, der in der Länge der Größe des Hundes entsprechen musste. Zusätzlich wurden evtl. vorhandene Schlappohren be- oder abgeschnitten (Ursprung des heute zwar verbotenen, aber leider immer noch praktizierten Kupierens der Ohren bei manchen Hunderassen), so dass die Verwendung dieser Hunde zur Jagd immer eine hohe Verletzungsgefahr für die Hunde darstellte (und man konnte in früheren Zeiten in einem solchen Fall ja nicht mal eben zum Tierarzt um die Ecke gehen).21

Das strenge Verbot der Jagd lässt sich am ehesten in Niederschriften rechtlicher Auseinandersetzungen z. B. zur sog. “Hundelege”, “Hutung” oder “Waldweide”, “Haingeraide” etc. finden.
Insgesamt nehmen Beschreibungen und Umgang mit der Tollwut einen großen Raum der vorliegenden Überlieferungen ein. Sie war – zu Recht – eine sehr gefürchtete Krankheit, die ja vorwiegend durch streunende Hunde übertragen wurde.

Aus: Buffon, Georges Louis Le Clerc de, 175522
Die Literatur-Recherche zu dieser Zeit ist nicht wirklich einfach, da das zur Verfügung stehende Material zum Einen sehr dürftig ist, z. B. Konrad von Megenberg um 130023 und zum Anderen auch, vorsichtig ausgedrückt, etwas problematisch – wenn beispielsweise Gessner in seinem “Thierbuch” von 158324 auch Einhörner beschreibt. Wobei sicherlich die Kernaussage so mancher heutigen Internetseite bei genau diesen Tieren ihren Bezugspunkt finden dürfte.
Entscheidend für das fast vollständige Fehlen schriftlicher Überlieferungen verantwortlich ist wohl die Tatsache, dass aufgrund vielfältiger politischer und sozialer Verwerfungen der überwiegende Teil der Bevölkerung weder des Schreibens, noch des Lesens kundig war. Lediglich einem Teil der höheren Aristokratie und dem Klerus war ein solcher Bildungsgrad vorbehalten. So ist es nicht weiter verwunderich, dass Belange und Interessen des überwiegenden Teils der ärmeren Bevolkerung entweder überhaupt nicht oder allenfalls indirekt dokumentarisch überliefert sind, wobei die indirekte Überlieferung schwerpunktmäßig die Sichtweise und Bewertung der Lebensumstände durch den jeweiligen Überlieferer widerspiegeln und nicht den tatsächlichen Bedingungen entsprechen müssen.

Auch hier im Vordergrund der Löwenspitz
Vielfach gingen die Lehnsherren dazu über, den kleineren Bauern und Köttern einen Deutschen Spitz zu schenken, weil dieser eben nicht jagte.
Für Aristokratie und Klerus standen daher – wenn überhaupt – allenfalls Jagdhunde im Focus, während der Spitz als typischer “Bauernköter” höchstens eine Rolle spielte, weil man durch sein Verschenken an die Bauern verhindern konnte, dass diese ihn jagdlich nutzen könnten. Wer also hätte über ihn schreiben sollen?

Falls Sie übrigens hier jetzt die allseits bekannte und beliebte Legende erwarten, dass die erste Erwähnung des Spitzes unter dieser Bezeichnung in den 1450 vom Grafen Eberhard von Sayn aufgestellten Hausregeln für seine Dienstboten zu finden sei, dann glauben Sie wahrscheinlich auch, dass „Brüsseler Spitze“ eine flämische Varietät des Deutschen Spitzes sei…
Warum es sich dabei um ein weiteres, sehr beliebtes Märchen über den Spitz handelt, können Sie hier (Seit wann heißt der Spitz eigentlich „Spitz“?) ausführlich nachlesen.
Das Verrückte:
Wenn man diese ganze alte Literatur durcharbeitet auf der Suche nach dem “Spitz”, “Spitzhund”, “Pommer” usw., ist man selbst im Kopf einfach sehr fixiert auf diese Begriffe. So sehr (mir zumindest ging es so), dass man zunächst gar nicht bemerkt, dass der Spitz sowohl vom Aussehen, als auch vom Charakter eigentlich überall beschrieben wird. Er heißt nur anders: Haushund. Oder: “Canis familiaris”, was man übrigens ebenso gut auch mit “Familienhund” übersetzen könnte. Manchmal auch “Canis domesticus” – wohl zur Unterscheidung von wildlebenden Caniden. Alle anderen Hunde werden besonders bezeichnet und beschrieben: Hund der Esquimaux (Eskimos), Sibirischer Hund, Ungarischer Hund usw. usf. Häufig werden die anderen Hunde auch beschrieben durch Vergleiche mit eben diesem “Haushund”: “ist größer/kleiner als der gemeine Haushund”, “hat kürzeres Fell als…”, wobei ja “gemein” soviel bedeutet wie “allgemein verbreitet”.
Wenn man also auf die Idee kommt, einfach mal “zwischen den Zeilen” zu lesen, fällt einem plötzlich auf, dass genau dieser überall beschriebene Haushund offenbar der einzige und allen Leuten als solcher bekannte und geläufige Haushund war, den man zur damaligen Zeit kannte.
Das lässt eigentlich nur den einen Schluss zu: Der Spitz war, möglicherweise auch in verschiedenen, voneinander geringfügig abweichenden Varietäten, in praktisch ganz Westeuropa allgegenwärtig und der Inbegriff des Haushundes überhaupt!

Der Kupferstich selbst ist zwar älter als die Erwähnung bei Krünitz, aber die Beschriftung wurde erst sehr viel später beim Abdruck durch Engelbrecht Nfg. hinzugefügt!
7. Der Spitz am Übergang zur Moderne – Die Überraschung!
Die früheste Bezeichnung als “Spitz” oder “Pommer” in der deutschen Literatur finde ich bislang bei Krünitz:
Auszug aus: Oekonomische Encyklopädie, J.G. Krünitz (erschienen: 1773-1858), sowie
etwas später dann bei Schreber25:

Und fast ein Jahrhundert später bei Fitzinger26


Man beachte die Farben!
Ab Seite 111 listet Fitzinger neben, oder, besser gesagt, zwischen etlichen anderen Hunderassen, explizit als Spitz, bzw. Pommer auf:
- den Pommer (Canis domesticus, pomeranus),
- den Spitz (Canis domesticus, pomeranus audax),
sowie als Bastarde
- den Fuchs-Spitz (Canis domesticus, pomeranus alopecurus),
- den Seiden-Spitz (Canis domesticus, pomeranus sericeus),
- den Heiden-Spitz (Canis domesticus, Zingarorom audax),
- den Zigeuner-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum pomeranus),
- den Windhund-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum leporarius),
- den Dachs-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum vertagus), sowie
- den Doggen-Spitz (Canis domesticus, Zingarorum laniarius).
Im Anschluss beginnt er mit der Beschreibung des “Hirten-Haushundes” (Canis domesticus, ovilis), der seiner Ansicht nach als typische Form der ganzen Gruppe anzusehen ist und eine reine unvermischte Abänderung des Haushundes (Canis domesticus) darstellt, die auf Einflüssen des Klimas und geographischer Verbreitung der Art beruhen.
Nun kann man natürlich Fitzingers Auflistung und Differenzierung als altertümlich absurd und weit hergeholt betrachten und belächeln – wozu haben wir denn schließlich unseren hübschen und vielfach überlieferten Melitäer zum Nachweis des Stammbaumes unseres Spitzes?
Aber so einfach ist es nicht!
Einerseits wird hier nämlich der Fehler gemacht, den Melitäer einfach nur aufgrund der Vielzahl von Fundstücken in den Mittelpunkt zu rücken, wobei geflissentlich übersehen wird, dass die griechisch-römische Kultur inkl. der zeitlich dazugehörigen ägyptischen Funde lediglich eine der am besten untersuchten und beforschten Kulturen ist, weil die klimatischen Verhältnisse in diesem geographischen Bereich für die Erhaltung von Artefakten günstiger sind als in anderen Bereichen, was zur Folge hat, dass die Anzahl der Fundstücke zahlreicher ist und zusätzlich durch eine Vielzahl schriftlicher Quellen bereichert werden, an denen es in anderen Kulturen leider gravierend mangelt.
Die reine Anzahl der Fundstücke ist aber nicht gleichzusetzen mit deren Ausmaß an Bedeutung!
Ein mindestens ebenso wichtiger Gesichtspunkt ist daher die molekulargenetische Archäozoologie, die zunächst von einem europäischen Ursprung der Domestikation des Hundes ausging27, später einen südostasiatischen Ursprungsort identifizierte28 und inzwischen mindestens zwei Ausgangspunkte der Domestikation nachweisen kann29, wobei die beiden letzten Studien Migrationsbewegungen vom ostasiatischen Raum Richtung Westen belegen (s.o.).
Genau diese Erkenntnisse aber zeigen auf, dass Fitzinger mit dieser seiner Annahme zur Entwicklung der Hunderassen so falsch offenbar gar nicht lag – sie zeigt deutliche Ähnlichkeiten mit modernsten Erkenntnissen! Er konnte es einfach nur nicht mittels molekulargenetischer Untersuchungen nachweisen, sondern bezog seine Erkenntnisse zur Beschreibung und Entwicklung der Hunde-Rassen ausschließlich aus Beobachtung und Vergleich der Morphologie der von ihm beobachteten Hunde.
Nachweislich existierten nämlich spitzartige Hunde insbes. im ostasiatischen Raum ebenfalls sehr früh, wie der Fund einer Statuette aus der frühen Han-Zeit belegt, also noch vor dem Einfall der Hunnen in Europa und Einsetzen der Völkerwanderung. Nicht nur archaische ostasiatische Hunderassen wie der Akita, Jindo usw. lassen sich auf diesen Ursprung zurückführen – gleiches gilt auch Hunde, wie etwa die im obigen Vergleich spitzartiger Hunde unserem Spitz aus gutem Grund zum Verwechseln ähnliche Jakutische Laika und Andere.
Die weitaus engeren verwandschaftlichen Beziehungen zwischen modernen Europäischen Hunden allgemein und osteuropäischen, bzw. zentralasiatischen Steppenhundpopulationen im Vergleich zum eher weitläufigen Verwandschaftsgrad zu mediterranen Hundegruppen konnte nachgewiesen werden (Bergström, 202030).

Insbesondere für die Spitze/spitzartigen Hunde konnte dieser Kontext für Herkunft und Verhalten gezeigt werden (Dutrow, Serpell & Ostrander, 202231).


In Anlehnung an das nachgewiesene Vorhandensein einer Vielzahl mittelgroßer lokaler Gebrauchshunderassen in den westlichen Rhein-Donau-Provinzen am Ende der Spätantike und die während der Völkerwanderung stattgefundene Ost-West-Migration erscheinen Fitzingers Ausführungen zum Pommer, den neun verschiedenen Arten von Spitzen, ebenso wie auch die anderen von ihm beschriebenen Hunde, insbesondere aber deren Differenzierung als Ergebnis einer klimatischen Anpassung im Zusammenhang mit ihrer geographischen Ausbreitung gleich in einem völlig neuen, erstaunlich glaubwürdigeren Licht. Endgültig bestätigt werden sie schließlich nicht nur von Bergströms o. g. Forschung, sondern auch von Dutrow, Serpell & Ostrander, und somit ist die enge Herleitung unseres Spitzes vom Melitäer zwar nicht vom Tisch, versinkt aber zumindest, was die großen Spitze anlangt, fast in der Schublade. Allenfalls kann hier noch ein Einfluss auf die in der Größe entsprechenden Klein-, bzw. Zwergspitze gesehen werden, da die Melitäer als Schoßhunde besonders in städtischen Ansiedlungen als Import nachgewiesen sind. Vor allem aber ist ihr Einfluss, bzw. der Einfluss des Volpinos, der wohl als Nachfahre des Melitäers angesehen werden kann, auf die Entstehung der Pomeranians zur viktorianischen Zeit unumstritten. Grundsätzlich muss aber von einer Vermischung des Erbgutes ost-, bzw. zentralasiatischer und mediterraner Spitzvarietäten (wobei m. E. sicherlich das Augenmerk auch auf den Balkan gerichtet werden sollte – da könnte durchaus von der Primitive and Aboriginal Dogs Society [PADS] noch Einiges kommen) ausgegangen werden – der VDH war ja zur Zeit der Völkerwanderung und im Mittelalter noch nicht gegründet und tätig…
Ich würde mal sagen, da können wir uns nun alle das Passende heraussuchen… 😉
Und so ein ganz ganz kleines Bisschen frage ich mich, was wohl unsere ganzen Netzwerk-Experten für “Rassereinheits-Zertifikate beim Spitz” dazu meinen:
- Ist nun der weiße Großspitz ein Pommer und der weiße Mittelspitz ein Fuchsspitz?
- Oder ist der Wolfsspitz evtl. ein Heiden- oder doch eher ein Zigeunerspitz?
- Ist vielleicht einer von beiden der schwarze Großspitz?
- Ab wann ist der Spitz ein Spitz?
- Und ab wann ist er ein “Deutscher Spitz”?
- Wie reinrassig sind denn unsere Spitze?
- Und an welchen Kriterien wollen wir das unter diesen Umständen denn festmachen?

Die Themen “Jagd” und “streunende/wildernde Hunde” ziehen sich durch die gesamte Literatur hindurch bis in die heutige Zeit.
So schreibt auch Joseph Hennecke noch 1962 in seinem Buch “Der Deutsche Spitz” 33 (Zitat)
“Aus diesem Grunde haben die Jäger dem Wolfsspitz ihre Aufmerksamkeit zugewandt und in einzelnen Landesverbänden des DJV wird der Wolfsspitz bereits systematisch gezüchtet. Ursprünglich hatte damit der Jagdgau Ostpreußen unter seinem rührigen Jägermeister Soost begonnen und immer dort, wo ein wildernder Hund erschossen werden mußte, dafür gesorgt, daß der Besitzer billig oder höchstens zu Selbstkosten einen Wolfsspitz bekam.
[…]
Es liegt daher nahe, daß man sich für den Wach- und Schutzdienst oder für den gelegentlichen Hütedienst auf dem ländlichen Anwesen in erster Linie der Hunde annimmt, die häuslich sind, nicht wildern und herumstrolchen und ihre Pflichten daheim gewissenhaft erfüllen. Das ist der Wolfsspitz!”
Ein guter Wachhund muss selbstverständlich bereit sein, sich seinem Herrn zu unterwerfen, aber in dessen Abwesenheit auch selbständig Entscheidungen im Sinne seines Besitzers treffen und mit Nachdruck durchsetzen können. Dementsprechend finden wir im Spitz einen äußerst anhänglichen, aber auch selbstbewussten und manchmal eigensinnigen, zuweilen sogar dickköpfigen Gesellen.
Eindringlinge werden unverzüglich lautstark gemeldet und in der Regel gestellt, bis der Hundebesitzer dazukommt und entscheidet, wie weiter zu verfahren ist.
Während bei den früheren Jagdgesellschaften die Gäste ihre eigene Hundemeute gern mitzubringen pflegten und diese Hunde dementsprechend nicht nur gegenüber anderen Menschen führig sein und mit fremden Hunden zusammen arbeiten mussten, wäre dem Bauern mit einem Wachhund, der auf ein anderes Kommando als das seines Herrn hört, ein rechter Bärendienst erwiesen. Daraus resultiert die Eigenschaft des Spitzes, normalerweise nur auf einen einzigen Herrn, allenfalls noch auf dessen Familienmitglieder zu hören.
Hier findet sich ein sehr deutlicher Unterschied zu vielen heutzutage zum “Wachen” verwendeten Hunden, die das „Wachen“ mehr oder weniger stark erlernen, von ihrer ursprünglichen Verwendung her aber keine züchterische Selektion auf das Wachen als vordringliche Eigenschaft durchlaufen haben. Die meisten dieser Rassen entstanden sehr viel später aus Hüte- und Jagdhunden. Sie haben darum keine so ausgeprägte Reserviertheit gegenüber Fremden wie ein Hund, der als Wachhund gezüchtet wurde. Der Spitz differenziert zwar und lässt sich im Beisein seines Herrn meist bereitwillig (manchmal auch gern) von Freunden des Hauses anfassen oder begrüßt sie sogar. Ist sein Herr aber nicht anwesend, wird er auch jeden Freund des Hauses behandeln wie einen Fremden. Das hat nichts mit Falschheit zu tun, die dem Spitz nur allzu gern nachgesagt wird, sondern ist ein Zeichen seiner unbestechlichen Treue gegenüber seinem Herrn!
Leider bekommt ihm diese Treue nicht immer gut:


[Quelle: Britta Schweikl, Autorin des Buches “Der Wolfsspitz/Keeshond“
Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle ein Spitz, der in die Annalen eines der berühmtesten Fälle deutscher Kriminalgeschichte eingegangen ist:
Den Sechsfachmord in Hinterkaifeck.

In der Nacht vom 31. März zum 1. April 1922 wurden auf einem Einödhof im bayrischen Hinterkaifeck 6 Menschen erschlagen. Diese Morde geben bis zum heutigen Tage Rätsel auf – umfangreiche Informationen dazu (von historischen Akten über Tatortfotos, Obduktionsberichten, Zeugenaussagen, Zeitungsartikeln, bis zu Berichten von polizeilichen Projektgruppen u. v. A. m. ) sind auf der oben verlinkten Seite verfügbar (Alternativ).
Auf dem Hof befand sich ein Spitz, der am nächsten Tag völlig verstört und mit Kopfverletzungen aufgefunden wurde. Dieser Hund war bekanntermaßen äußerst wachsam und ließ sich, von einer (!) Ausnahme abgesehen, auch von Fremden nicht anfassen. Leider wurde er aber, was ebenfalls bekannt wurde, über Nacht immer im Stall eingesperrt.

Fazit:
Ein eingesperrter Wachhund ist nutzlos! Weder kann er seinen Besitzer vor Gefahren wirksam warnen, noch schützen!
Das gilt natürlich auch für Hunde, die irgendwo “in der Pampa” auf der Jagd sind. Und Hunde, die ängstlich sind, sich von jedem anfassen oder mit “Leckerli” bestechen lassen, sind definitiv keine Wachhunde! Aus diesem und keinem anderen Grund muss (!!!) ein ordentlicher Spitz lt. Zucht-Standard – und der ist in dieser Hinsicht weder diskutierbar, noch interpretationsfähig – hoftreu, zurückhaltend gegenüber Fremden und frei von Jagdtrieb sein!!!
Wer versucht, einen Spitz zu stehlen, wird im Normalfall keine Freude an ihm haben. Wenn er nicht gerade einen Herrn hatte, der ihn aufs Übelste misshandelt hat, wird er sich innerhalb kürzester Zeit seinen Weg zurück bahnen, notfalls auch unter Einsatz seiner Zähne. Darum sollte ein Spitzbesitzer seinen Hund frühzeitig daran gewöhnen, mit bestimmten anderen Personen auszugehen oder bei ihnen zu bleiben, sonst könnte er bei einem Krankenhausaufenthalt oder Urlaub ohne Hund eine böse Überraschung erleben.

Radierung von J. W. Reyl, 1845

In früheren Zeiten gehörten zu den Einbrechern und Dieben auf den Höfen keineswegs nur Zweibeiner. Auch Ratten, Mäuse, Wiesel, Fuchs und nicht zuletzt streunende Hunde und Katzen, die sich an den Gütern des Bauern gütlich tun wollten, mussten vertrieben oder getötet werden. Deshalb ist der Spitz auch nicht grundsätzlich freundlich gegenüber anderen Hunden. Ihnen gegenüber verhält er sich ebenso zurückhaltend, manchmal auch abweisend, wie fremden Menschen gegenüber. Die deutliche Halskrause und die beim Spitz (außer bei Ruhe, schlechter Laune oder Krankheit) im Normalfall hoch auf den Rücken geringelte buschige Rute signalisieren insbesondere fremden Hunden bereits aus der Ferne, dass sie es mit einem selbstbewussten durchsetzungsfähigen Artgenossen zu tun haben (im Gegensatz zur eingeklemmten Rute eines unterwürfigen Hundes, die seine am After gelegenen Duftdrüsen bedeckt) und machen einen nicht unwesentlichen Anteil seines respekteinflößenden Eindrucks auf wesentlich größere Hunde aus. Außerhalb seines Reviers ignoriert der Spitz andere Hunde vielfach völlig, in seinem Revier hängt es davon ab, ob sie von seinem Herrn „eingeladen“ wurden.
Und Gnade Gott dem Hund, der eine zum Hof gehörende Katze oder ein Huhn jagt! Dabei hat der Spitz ein hervorragendes Gedächtnis und wird diesen Eindringling auch nach vielen Jahren noch wiedererkennen und wütend verfolgen!
Was dem Spitz anvertraut wird, ist ähnlich sicher wie in einem Tresor!
Und wenn es sich dabei um “seine” Kinder handelt, kann er zum Höllenhund persönlich mutieren!

Berücksichtigt man die finanzielle Lage der Bauern und Kötter früherer Zeiten, so wird auch klar, dass sie häufig kaum in der Lage waren einen großen Hund oder gar mehrere Hunde zu ernähren.

Also musste der Spitz den Bauern auch beim Treiben des Viehs unterstützen. Er durfte dabei in seinen Fähigkeiten keineswegs auf Schafe beschränkt sein (hier ist noch der weiße Pommer´sche Hütespitz zu erwähnen, der als besonders guter Hüter von Schafherden in ganz Europa bekannt und berühmt war und zu den Ahnen des weißen Schäferhundes, aber auch des Shelties u.a.m. zählt), sondern musste auch Rinder oder Schweine treiben können. Da Rinder und Schweine aber durchaus sehr durchsetzungsfähig und selbstbewusst sind, gerade gegenüber dem im Vergleich doch recht kleinen Spitz, musste der Spitz den sogenannten Hackenbiss beherrschen – eine praktisch unabdingbare Fähigkeit zum Hüten dieser Tiere.
Heute beherrschen nur noch sehr wenige alte Hütehund-Rassen diesen Hackenbiss, z.B. der Harzer Fuchs oder der Westerwälder und Siegerländer Kuhhund.

Im englischen Sprachraum werden Hunde, die diesen Hackenbiss zum Hüten, bzw. Treiben dies Viehs einsetzen, auch als “Heeler” (heel = Ferse) bezeichnet. Zu ihnen zählen beispielsweise der Australian Cattle Dog, der Bouvier des Flandres u. a. m.
Ihr Aufgabengebiet ist schwerpunktmäßig das Treiben des Viehs und dessen Schutz (“Treibhunde”!), weshalb sie sämtlich eine nicht zu unterschätzende Raubzeugschärfe zeigen. Entwicklungsgeschichtlich bilden sie den Übergang zwischen Herdenschutzhunden, deren Arbeitsweise eine Variation des Territorialverhaltens darstellt, und den jüngeren Hütehundrassen, deren Hüteverhalten aus einem modifizierten Jagdverhalten resultiert (Brassard et al. 2022).
All diesen Hunden gemeinsam ist eine ungewöhnliche Agilität und Sprungkraft, sowie ihre außerordentliche Durchsetzungsfähigkeit – Eigenschaften, die zu den charakteristischen Fähigkeiten des Deutschen Spitzes gehören!

Wer dem Spitz diese Fähigkeit, die ihn eigentlich als sehr alten und vielseitigen Hüte-, bzw. Treibhund auszeichnet, heute als Unart vorwirft, dokumentiert eigentlich nur sein eigenes Unwissen.
Da der Spitz ein äußerst pfiffiges und erfinderisches Kerlchen ist, findet er meist schnell heraus, dass sich dieser Hackenbiss nicht nur zum Treiben vierbeiniger, sondern auch zum Treiben zweibeiniger Rindviecher wunderbar eignet.
So what?

Die unbedingte Treue des Spitzes prädestiniert ihn nicht nur zum zeitweise alleinigen Bewacher eines Hofes. Ebenso gern begleitet er seinen Herrn überall hin, wenn er darf. So hat er in früheren Zeiten auch das fahrende Volk begleitet. Gerade die fliegenden Händler waren froh über diesen wachsamen „kleinen Teufel“ (so wurde er früher oft genannt) oder „Fuhrmannsspitz“, der Diebe fernhielt und mit seinen Kunststückchen mögliche Käufer anlockte. Dabei saß der Spitz manchmal auf dem Kutschbock oder lief neben dem Wagen her.

Der erklärte Lieblingsplatz dieser Spitze aber war meist der Rücken des Zugpferdes, den der sprunggewaltige kleine Kerl direkt vom Boden ansteuerte. Dieser Platz war auch im Winter gemütlich warm und bot ihm den gewünschten Ausblick. Auch heute noch begleitet der Spitz gern Pferd und Wagen und wenn die Pferde es gewohnt sind, sitzt er gern auf ihrem Rücken. Wer den Spitz nicht kennt, wird sich wundern, wie schnell er ist. So mancher Jagdhund kommt da nicht hinterher!
8. Auf der Karrierreleiter steil nach oben . . .
Durch seine Gelehrigkeit und Verspieltheit hat sich der kleine Spitz auch in die Salons nicht nur der feinen Damen, sondern auch Herren eingeschlichen, wo er als „Pommer“ die Herzen im Sturm eroberte. Denn so entschlossen der Spitz auch als Wachhund ist, so charmant kann er auch jeden um seine Pfote wickeln. Doch Vorsicht! Sein Charme ist Mittel zum Zweck. Denn was er nicht mit Charme erreicht, das holt er sich auf anderen Wegen. Notfalls stibitzt er auch, was er haben möchte. Nicht umsonst verhaut die Witwe Bolte bei Wilhelm Busch zuerst einmal den Spitz! Nach über dreißigjähriger Haltung von Spitzen bin ich mir sicher, dass mindestens die Hälfte der geklauten Hühner auf das Konto des Spitzes gehen.





[Im Vordergrund ein Spielzeugspitz]
Ein bisschen Humor und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, sollte man also schon mitbringen, wenn man sich so einen raffinierten Kerl ins Haus holt!

Probedruck, 1856 (A. Gaber (1823 – 1894) nach L. Richter (1803 – 1884), Holzstich, Deutscher Volkskalender für das Jahr 1856

Lithografie, „Deutsche Berliner“, signiert

(Andrea Landini, 1875-1885)
Und so ward der Siegeszug des Spitzengeschlechts nicht mehr zu bremsen, sondern die raffinierten Charmeure bahnten sich vom Misthaufen, Planwagen und Kahn ihren Weg in die Welt der Reichen und Schönen:

Schauspieler, Operdiven, Maler, Gelehrte, Geistliche fielen ihnen reihenweise zu Füßen (oder Pfoten?), sie flanierten wie selbstverständlich durch die europäischen Fürstenhäuser und infizierten mit dem “Spitz-Virus”, wer auch immer ihnen vor ihre vorwitzige Nase lief: das englische Königspaar, Prinzessin Ludovika von Bayern, das deutsche Kronprinzenpaar – diese Liste ließe sich noch lang lang fortsetzen…
Und wenn ich oben geschrieben habe “Doch Vorsicht! Sein Charme ist Mittel zum Zweck.”, dann findet das insofern seine Bestätigung, als dass der Hund, dem vom Adel das Jagen nicht gestattet wurde, einfach beim Adel einzieht und sich den Braten auf dem Silbertablett servieren lässt!!!
Warum sollte er sich denn eine Pfote abhacken lassen, wenn er die Menschen doch dazu bringen kann, sich sogar darüber zu freuen, wenn sie ihm die gebratenen Täubchen in die Schnute schieben dürfen?


Etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die ersten kleinen Spitze nach England ausgeführt und dort von der aus Mecklenburg stammenden Königin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz, Ehegattin von König George III 1767 an den Earl of Harcourt, der ihren Ehevertrag ausgehandelt hatte, verschenkt.
Ihre Enkelin, Königin Victoria und Edward VII wurden von ihren Spitzen auf Schritt und Tritt begleitet und so anvancierte der kleine Kerl schnell zum Liebling der damaligen High-Society, der nun als Pomeranian bezeichnet wurde. Wie auf dem Foto jedoch zweifelsfrei ersichtlich, war dieser Hund allerdings deutlich größer als der heute so bezeichnete Zwergspitz!
Der Grund dafür ist denkbar einfach: Es waren Volpinos!
Man hat zur damaligen Zeit nämlich keineswegs so deutlich zwischen dem kleinen Deutschen Spitz und dem Volpino italiano unterschieden! Und darum muss der heutige Pomeranian im Grunde als Ergebnis einer Vermischung dieser beiden Spitz-Arten gesehen werden!
Irgendeine Ähnlichkeit mit explodierten Sofakissen hatte allerdings keine dieser beiden Hunderassen!

Österreichische Nationalbibliothek, Wien




Der kleine Pommer wurde ungefähr ab dem 18. Jahrhundert häufig in die Rasse der Zwergspaniel eingekreuzt. Aus dieser Kombination entstand schließlich der auch heute noch recht beliebte Papillon, dem der kleine Spitz all seinen Mut, sein Temperament, seine Wachsamkeit und Liebe zur Mäusejagd in die Wiege legte. (In früheren Zeiten waren Mäuse eigentlich in allen, auch den feinsten, Häusern Stammgäste!) Gelegentlich ist es schon vorgekommen, dass aus einer reinrassigen Zwergspitz-Zucht Papillons entstanden sind und umgekehrt – Oops!
Auch in viele andere Hunderassen ging der Spitz ein oder die ganze Rasse geht auf die Spitze zurück, z.B. Sheltie, Welsh Corgis usw.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts trieb dann die Begeisterung für das schöne üppige Fell des Spitzes noch eine ganz besondere Blüte. Einige findige Zeitgenossen dachten sich nämlich, dass man dieses unbedingt noch weitaus schöner machen müsse, indem man es durch Einkreuzen des Maltesers besonders fein und seidig züchtet.
(Es hatte in früheren Zeiten den Seidenspitz – s. o. bei “Fitzinger” – schon gegeben und den wollte man gern neu beleben!)

Der “neue Seidenspitz” war geboren!
Aber wie so oft bei ganz schlauen Ideen, stellte sich dies als wahre Verschlimmbesserung heraus, denn man hatte dabei völlig übersehen, dass das Fell eine gewisse Festigkeit benötigt, um überhaupt stehen zu können!
Dem armen Seidenspitz hing also sein seidenes Fell an den Seiten herunter wie gekochtes Sauerkraut…
In der Generalversammlung des Vereins für Deutsche Spitze in Frankfurt a. M., 1906, wurde er folglich nicht anerkannt, sondern als Bastard bezeichnet. (Zuchtbuch Bd. 13 des Spitzvereins)

Seine außerordentliche Neugier und Gelehrigkeit, sowie sein sicheres Auftreten brachten den Spitz auch in die Zirkus-Manege. Gerade im kleinen Wander-Zirkus saß das Geld nie locker und so war dieser Hansdampf-in-allen-Gassen mehr als willkommen. Er hielt nicht nur die Ratten und Mäuse kurz, die sich in jeder Tierhaltung gern und schnell einfinden, und ernährte sich teilweise davon, sondern schreckte gleichzeitig Diebe ab und machte auch als Artist eine gute Figur. Diese Kombination war natürlich ausgesprochen preiswert. Sein Kollege, der Pudel, war zwar weniger dickköpfig, vergaß aber über die Kunststückchen nur allzu gern einmal seine anderen Aufgaben.
In meiner eigenen Kindheit gab es noch viele solcher winzigen Zirkusse, die z. B. aus einem Pony, einem Esel, einem oder zwei Äffchen, drei Spitzen oder Pudeln, ein bis zwei Schlangen und einigen Tauben bestanden. Dazu führten die Mitglieder der Zirkusfamilie einige Akrobatiknummern und Zauberkunststücke auf, es gab eine Clown-Nummer und ein Spiel für uns Kinder zum Mitmachen.
Mit Reichtum waren die wahrlich nicht gesegnet!

(1 Spitz und 2 Samojeden)
Gerade wenn man Kinder hat, die gern mit dem Hund spielen (wobei ihnen der Unterschied zwischen einem Spielzeug und einem Spielgefährten klar sein sollte!) und ihm Kunststückchen beibringen wollen, ist der Spitz unglaublich begeisterungsfähig. Aber auch für Erwachsene, die gern Agility oder Dogdancing mit ihrem Hund machen möchten, ist der sehr temperamentvolle Spitz bestens geeignet.






Spitze im Zirkus!34
Hört den Tusch ihr der Kapelle
Sehet das Zelt, die Lichterhelle
Lauscht dem Trab der edlen Pferde
Auf dem Rücken die Hundeherde.
Über dem geharkten Sande
Jagd vielleicht Indianerbande
Cowboys reiten, Schüsse krachen
Fahrradkünste, Clowns – und Lachen.
Berberlöwen, weiße Spitze
Reitend auf dem Rücken sitzen –
In der Runde die Parade
Zeigen sie es uns gerade.
Wie das Publikum am Ende
Den Artisten Beifall spendet.
Sensationen, prickelnd schwere
Das ist Zirkus-Atmosphäre.
Johe

(Ansichtskarte “Der Agitator”, Russland um 1912)
So schneidig und selbstbewusst der Spitz nach außen hin auch ist, unter der rauhen Schale steckt ein weicher Kern! Seinem Herrn gegenüber ist er zart besaitet und er würde alles tun, um seinem Herrn zu gefallen. Diese Schwäche macht ihn gut erziehbar. Dennoch braucht dieser selbstbewusste Hund auch einen selbstbewussten und konsequenten Herrn! Dann kann er wie Butter zerfließen. Bei inkonsequenter Haltung dagegen macht der Spitz schnell, was er will und setzt seinen Dickkopf durch. Ich habe schon Kleinspitze erlebt, die schlecht geführt waren und eine ganze Familie von 5 Erwachsenen „strammstehen“ ließen und Großspitze, die in Nullkommanix die Führung eines 12-köpfigen Rudels verschiedener großer Hunde (Riesenschnauzer, Schäferhunde, Molosser usw.) an sich gerissen haben!
Das dichte lange Fell des Spitzes machte ihn zu allen Zeiten wetterfest. Dabei ist es ausgesprochen pflegeleicht und schmutzabweisend. Außerhalb des Fellwechsels reicht es bei den meisten Spitzen völlig aus, sie einmal wöchentlich oder alle 14 Tage zu bürsten. (Ich selbst bürste meine Hunde meist nur einmal im Monat und sie sehen dabei trotzdem immer sehr gepflegt aus) Baden sollte man einen Spitz nur in Ausnahmefällen. Selbst dicke Schlammbäder fallen nach dem Trocknen ab, sobald der Spitz sich schüttelt.
Und wenn ich rd. 40 Jahre Erfahrung mit Spitzen zusammenfassen will, dann muss ich sagen, dass Spitze einfach unbeschreiblich pflegeleichte, clevere und unbestechliche Charakterköpfe sind, die im Kreise ihrer eigenen Familie für jeden Streich zu haben und immer für eine Überraschung gut sind!
9. “Who is who” und “Wer kommt wo her”?

Spitze gab es in zwei Größenschlägen: groß (30 – 45 cm und darüber) und klein (nicht über 4 kg)35. Bei Beiden waren seit jeher verschiedene Farbschläge vorhanden. Es gab sie in weiß, schwarz, grau (blau), braun, orangerot, gescheckt und isabell.
Die Farbbezeichnung “isabell” wird zurückgeführt auf das Hemd der Infantin Isabella Clara Eugenia von Spanien, die gelobte, ihr ursprünglich weißes Hemd nicht eher zu wechseln, als bis ihr Ehemann, der Erzherzog Albrecht VII von Habsburg, von der Belagerung Ostendes zurück sei. Da die Belagerung 3 Jahre, 3 Monate und 3 Tage dauerte, kann sich wohl jeder lebhaft vorstellen, welche Farbe ihr Hemd hinterher gehabt haben mag!

Während die Farbe bei den kleinen Spitzen keine besondere Bedeutung hatte, hatten die großen Spitze je nach Farbe unterschiedliche Verbreitungsgebiete und Eigenschaften. Das liegt nicht daran, dass bestimmte Eigenschaften genetisch an die Farbe gekoppelt wären, sondern in der unterschiedlichen Verwendung der Hunde.
9. 1. Der weiße Riese
Der große weiße Spitz hatte sein Verbreitungsgebiet hauptsächlich im nord- und mitteldeutschen Raum. Er war ein typischer Bewacher des Hofes und wurde sehr stark zum Hüten von Schafherden eingesetzt (der Pommer´sche Hütespitz gehörte insbesondere in seine Ahnenreihe). Wie schon erwähnt, ist die weiße Farbe für einen Hütehund von besonderer Bedeutung, weil er so leicht auch auf große Entfernung und im Dunkeln vom Wolf unterschieden werden kann. Der weiße Spitz und seine Spielart, der isabellfarbene Spitz, ist im Normalfall nicht ganz so cholerisch wie seine schwarzen Vettern.

(ZB-Nr. 299), Bes. Ad. Weyand, Neunkirchen, Bez. Trier, 1905

Ansichtskarte – Weißer Großspitz
In meiner Kindheit gehörte vor allen Dingen der große weiße Spitz allerorten noch zum ganz normalen Stadtbild . . .

[Foto: © M. Salzmann]

[Foto: © M. Salzmann]


(© Stadtarchiv Karlsruhe, Bildarchiv Schlesiger 1968)

In den 1950er/1960er Jahren ein ganz normaler Anblick:
Fast in jedem 2. oder 3. Haus gab es einen Spitz, der unangeleint war, die Kinder zur Schule brachte, das Herrchen nach der Arbeit vom Bus abholte, sein Frauchen beim Einkauf begleitete und ansonsten seinen Wachposten vor dem Haus, im Hof oder vor dem Hühnerstall einnahm! Ganz ohne Kommando, ohne Leckerli oder sonst etwas – es war für Mensch und Spitz einfach eine Selbstverständlichkeit! Und dass das „Begriffeln“ fremder (!) Hunde bei diesen meist unerwünscht ist und bei einem selbst ebenso unerwünschte Folgen haben kann, gehörte zum Grundwissen jedes Kindes!


[Foto: © M. Salzmann]

© Sahler
Der Spitz wird seit tausenden von Jahren gemalt, karikiert, geschnitzt, gesägt, modelliert und in Stein gemeißelt, in Gedichten, Geschichten, Liedern und Fotos verewigt und hat seine Alltagstauglichkeit wohl unter Beweis gestellt wie kaum ein Anderer – und ganz besonders als bester Freund der Kinder! Über ihn wurden Bücher geschrieben, nach ihm wurden Spiele benannt und es wurden Schmuckstücke mit seinem Abbild verziert.
Der Spitz war unser Salz in der Suppe!




Das Entscheidende waren nie irgendwelche schicken Pokale oder Ahnentafeln (er wurde auch ohne Papiere rasserein gezüchtet, weil niemand auf seine hervorragenden Eigenschaften freiwillig verzichtet hätte!), sondern in allererster Linie sein unverwechselbarer Charakter als nicht jagender und geflügelfrommer unbestechlicher Wächter mit enormem Durchsetzungsvermögen und seinen Lieben gegenüber unsäglicher Charmeur!

Schneller Minensucher ,,Orion”, 1963
Und, wie schon seit alters her, haben Spitze auch bis in die 1970er Jahre noch die Seeleute auf den Schiffen begleitet – ihnen ist unter der Rubrik „Literatur (Erzählungen, Gedichte usw.)“, eine eigene Seite gewidmet: Bord-Spitze.

Landungsboot ,,Salamander”, 1968

Schulfregatte ,,Hipper”, 1962
In diesen Farbschlag werden seit einigen Jahren aus den USA importierte American Eskimo Dogs eingekreuzt, die zwar im Ursprung auf den Deutschen Großspitz zurückgehen, aber inzwischen diverse Einkreuzungen anderer Hunderassen über sich ergehen lassen mussten. Diese Hunde haben insbesondere eine vollkommen andere Fellstruktur und -qualität. Dennoch werden sie vom Verein für Deutsche Spitze “der Einfachheit halber” zu Deutschen Großspitzen umgeschrieben, obwohl es keine sind. Vernünftiger wäre es gewesen, sie als “American Eskimo Dogs” zu belassen, aber eine gezielte und wohlüberlegte Einkreuzung zu erlauben.
9.2. Big Black is beautiful
Die schwarzen Großspitze waren vor allem in den süddeutschen Weinanbaugebieten stark verbreitet. Tagsüber bewachten sie den Hof und nachts wurden sie in die Weinberge geschickt. Darum wurden die schwarzen Großspitze früher vielfach als Weinberg- oder Rebspitze bezeichnet. Zu den wichtigsten Räubern in Weinbergen aber gehören Wildschweine, die heute als die gefährlichsten einheimischen Tiere angesehen werden müssen. Wildschweine sind nicht nur für Hunde prinzipiell lebensgefährliche Gegner. Dazu muss man anmerken, dass ein großer Hund aufgrund seiner eigenen Masse gegenüber einem kleinen insofern im Nachteil ist, dass ein kleinerer Hund wesentlich flinker und wendiger ist. Speziell in Weinbergen kann der Spitz schnell mal zwischen den Reben hindurch huschen. Nicht nur seine mittlere Größe, sondern auch sein schwarzes dichtes Fell bieten ihm im Dunkeln guten Schutz vor den gefährlichen Hauern der Wildschweine. Der schwarze Großspitz ist aufgrund seiner Arbeit in den Weinbergen der wohl schneidigste.
Da er insbesondere um Mannheim herum gern in einer von den dort anlegenden Frachtkähnen vielfach mitgebrachten geringfügig kleineren Ausgabe (heute am ehesten vergleichbar mit dem schwarzen Mittelspitz) gezüchtet wurde, nannte man ihn auch „Mannheimer Spitz“.36

Vor unserem Urban aber sitzt sein unzertrennlicher Gefährte, ein Hund, der bekannte „Wengerterspitz“. [Zitat aus: Württembergische Bauzeitung, 07.05.1904, S. 155]

vor dem Stuttgarter Wilhelmspalais (© Hermann-Christian Zimmerle, 1991)
Seit 1991 spaziert Wilhelm II wieder mit seinen Spitzen vor dem Palais durch den Park und seit 1994 hört am Pragsattel der Spitz dem „Häberle und Pfleiderer“ andächtig beim „Schwätze“ zu…
Nachdem das 1904 von Adolf Fremd errichtete Urbandenkmal im 2. Weltkrieg als Metallspende eingeschmolzen worden war, fühlten sich die Stuttgarter offenbar so ganz ohne Spitz in ihrer Stadt auch nicht wohl. Und so haben sie den treuen Kerl gleich in zwei neuen Denkmälern verewigt.


(ZB-Nr. 333, WT.: 02.02.1905)
Bes.: Kunibert Scharke, Z.: TA Teutschbein
In Westfalen waren ursprünglich hauptsächlich weiße Großspitze und Wolfsspitze beheimatet. Während des 30jährigen Krieges (1618 – 1648) aber und später auch durch Fuhrleute gelangten schwarze Großspitze dort hin. Schnell erkannten die Bauern die Vorzüge des schwarzen Gesellen und so kreuzten sie die Hunde, um sie in Westfalen zu erhalten, immer wieder in ihre Wolfsspitze ein. Aus diesem Grunde sind die schwarzen Großspitze im ländlichen Westfalen bis in die heutige Zeit als “Schwarzer Wolfsspitz” bekannt und begehrt.
(Als ich nach Susannes Tod auf der Suche nach einem jungen schwarzen Großspitz auf unzähligen westfälischen Höfen angerufen hatte, von denen ich wusste, dass dort einmal welche waren, haben mich viele Bauern gebeten, ihnen auch wieder einen „schwarzen Wolf“ zu besorgen und ich kann nicht mehr zählen, wie oft mir beim Spaziergang auf dem Lande Bauern über den halben Acker eilig entgegengelaufen kamen und mir meine Spitze von der Leine weg abkaufen wollten.)

Deutlich erkennbar die für diesen sehr massiven Landschlag typische Kombination aus graugewolkter Unterwolle und schwarzem Deckhaar, tw. mit weißen Abzeichen. Wenn der Hund ruhig ist und das Fell trocken, sieht er fast ganz schwarz aus – wird das Fell feucht oder ist der Hund in Bewegung, sieht man die Unterwolle.durchschimmern.
Aus dieser Zeit sind bei einzelnen sehr alten noch erhaltenen Höfen, Ackerbürgerhäusern und Gebäuden z.B. in Türbalken außer dem Erbauungsjahr und einem um Gottes Schutz bittenden Spruch auch Wolfsangeln als Zeichen der Wehrhaftigkeit (wurde, außer in Wappen und Ähnlichem, verboten wegen des Missbrauchs dieses Zeichens durch die Nationalsozialisten) und ein eingeschnitzter Spitz zu finden. Auch gibt es vereinzelte Schnitzereien, die einen Kiepenkerl (der typische westfälische Händler mit “Kiepe” auf dem Rücken) in Begleitung eines großen Spitzes zeigen.
Von einer solchen Schnitzerei habe ich leider keine Abbildung – aber vielleicht findet sich auf diesem Weg ja eine! 😉
Es gibt allerdings in Breyall, einem Stadtteil von Nettetal im Kreis Viersen (an der niederländischen Grenze), eine Skulptur vom Kiepenkerl.

(das scheint wirklich ein zähes altes Luder zu sein!)
Naja, bisschen Schwund ist immer…
Leider auch dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen ist dieses schöne
Relief einer deutschen Bauernfamilie mit Spitz
(Portal der früheren Rheinischen Landesgenossenschaftskasse zu Köln)


Aber auch die Westfalen wussten bestens, dass der Spitz weit mehr kann, als Bauernhöfe und Kiepenkerle zu bewachen und beschützen. Nachdem 1871 der Viehtrieb (Rinder) in der Bochumer Innenstadt endgültig endete, ließen sie dem letzten Kuhhirten und seinem „Schäferhund“, der nichts Anderes war, als ein großer Spitz, am 29. Mai 1908 auf dem damaligen Marktplatz am Rande der Bochumer Altstadt das Kuhhirten-Denkmal von August Schmiemann errichten. Ebenso, wie auch das Stuttgarter Urbandenkmal, wurde es Anfang der 1940er Jahre als Metallspende eingeschmolzen.
1962 wurde dann vom Bildhauer Walter Kruse nach der alten Gips-Vorlage ein geringfügig kleineres neues Denkmal angefertigt. Dieses befindet sich heute in unmittelbarer Nähe zum alten, das nur wenige Meter entfernt gestanden hat, in der Bongardstraße.


auf dem Sternplatz in Lüdenscheid, seit dem 3. April 1981 (Waldemar Wien)
Im Märkischen Kreis steht seit 1981 der gemütliche Onkel Willi mit Zigarre und Spitz vor seiner früheren Stammkneipe auf dem Lüdenscheider Sternplatz.
Eine echte Katastrophe war es, als sein Spitz Felix angefahren wurde und das Bein gebrochen hatte…
Westfalenpost vom 16.11.2011: Onkel Willi steht ohne Felix da

© Foto: WR

Eine Spielart des schwarzen Großspitzes, der immer schon seltene graue Spitz, galt als noch schärfer und wurde gern zur Bärenjagd in Russland und Sibirien verwandt. Dort hat er die Bären nicht im eigentlichen Sinne gejagt, sondern gestellt und verbellt, so dass sein Herr den Hund samt Bären leicht auffinden konnte.
Aufgrund der Tatsache, dass die Farbbezeichnungen „grau“ und „blau“ häufig synonym verwandt wurden, habe ich erneut umfangreiche Recherchen angestellt, die jedoch zu keiner eindeutigen Klärung geführt haben.
Definitiv wurden insbesondere im Zeitraum um 1900 herum auch verstärkt sog. blaue Spitze gezüchtet. Diese blaue Färbung entsteht, wenn die Hunde reinerbig (!) den sog. Dilute- oder Verdünnungs-Faktor tragen. Dieser führt zwar bei gemischterbigem Auftreten zu keinerlei Problemen, bei Reinerbigkeit jedoch entwickelt sich in vielen Fällen die sog. Black Skin Disease (BSD), auch als CDA oder Alopecia X bezeichnet. Die damit verbundenen Probleme wurden jedoch von den damaligen Züchtern immer wieder kleingeredet und im Laufe der Zeit dann immer wieder regelrecht „vergessen“. Erst in neuerer Zeit konnte durch die Entwicklung der Molekulargenetik diese Erkrankung weitgehend beforscht werden37 und die Zuchtstrategien wurden dahingehend verändert, dass von seriösen Züchtern heute keine blauen Spitze mehr gezüchtet werden.
Es hat aber neben den „blauen“ Spitzen ganz offensichtlich graue Spitze gegeben, bei denen die graue Fellfarbe nicht auf einen Dilutefaktor zurückzuführen war, sondern eher dem Grau des Wolfsspitzes entsprochen haben soll – jedoch ohne die für den Wolfsspitz typische Wolkung und Maske. Leider ist über sie nur extrem wenig überliefert. (Kommt Zeit – kommt noch mehr Wissen…)
Der graue Spitz ist also nicht zu verwechseln mit dem Wolfsspitz, der nicht nur eine Maske hat (die in früheren Zeiten noch wesentlich ausgeprägter war als bei den meisten heutigen Wolfsspitzen), sondern auch vom gesamten Behaarungstyp, Figur und Kopf ein vollkommen anderes Exterieur hat.
9.3. Die Auferstehung der braunen und andersfarbigen Großspitze


Der braune Spitz war ebenfalls vor allem im süddeutschen Raum verbreitet. Er galt lange Zeit als ausgestorben. Allerdings gibt es inzwischen Rückzüchtungen aus braunem Mittelspitz und schwarzem Großspitz (Der Größenschlag des heutigen Mittelspitzes kann im Ursprung ohnehin überwiegend dem früheren großen Spitz zugeordnet werden) im Jahr 2007, sowie im Jahr 2011 den ersten braunen Großspitz, der durch Rückkreuzung auch aus den schwarzen Großspitzen gezüchtet werden konnte.
Der aktuelle Anteil der braunen Großspitze an der Gesamtpopulation ist allerdings nach wie vor sehr gering!
Der orangerote Großspitz war hauptsächlich in Westfalen und Norddeutschland verbreitet und wurde ursprünglich auch durchaus gezüchtet, jedoch verschwand diese schöne Farbe bei den großen Spitzen, zumindest in der vereinsmäßigen Zucht, bereits zur Mitte des 20. Jh. – außerhalb der Vereine konnte ich diesen schönen alten Rüden aber noch finden.
Im Hunsrück hielt man den Spitz früher gern zusammen mit dem Hovawart im „Dream-Team“. Auch dieser sehr alte Hofwächter, denn nichts anderes bedeutet sein Name, konnte nur durch Rückkreuzungen vor dem Aussterben bewahrt werden.


© M. Putzer
Seit einigen Jahren existieren auch wieder sehr schöne andersfarbige Spitze! Anfangs wurden sie lediglich in den Vereinen außerhalb des VDH gezüchtet, weil man dort – aus Gründen der besseren genetischen “Durchmischung” und Auffrischung – keine so rigorosen Vorgaben zur Farbverpaarung oder auch Verpaarungen zwischen Groß- und Wolfsspitz in die Zuchtordnung aufgenommen hatte.
Nachdem allerdings im Verein für Deutsche Spitze (VDH) die Möglichkeiten der farbübergreifenden Verpaarung, z. B. Schwarz-Weiß-Verpaarung, gelockert wurde, fallen auch dort wieder gescheckte Spitze, obwohl deren Anblick für manch “eingefleischten Farbreinzüchter” möglicherweise noch etwas gewöhnungsbedürftig zu sein scheint. Die Einsicht, dass farbübergreifende Verpaarung zwangsläufig aber neben reinfarbigen Nachkommen auch gescheckte und andersfarbige Nachkommenschaft bringen kann und die damit beabsichtigte Auffrischung des Erbgutes durch Zuchtausschluss der so gezüchteten Hunde am Ende zumindest teilweise ins Leere läuft, scheint allerdings um sich zu greifen.
Sicherlich gab und gibt es auch tw. immer noch Unterschiede im Wesen der unterschiedlichen altfarbenen Varietäten großer Spitze, die auf diese Weise verlorengehen könnten. Andererseits muss man sich angesichts der desolaten genetischen Situation wohl die Frage stellen, wie wichtig und einschneidend diese Ausdünnung von Reinfarben und Charaktereigenschaften im Vergleich zu schweren Inzuchtschäden oder gar dem Aussterben der großen Spitze zu bewerten ist.
Natürlich kann man darüber unterschiedlicher Meinung sein und ich kann, logischerweise, nur meine eigene Ansicht zu diesem Punkt wiedergeben.
Zur Farbreinheit, also rein schwarz, weiß oder braun, denke ich, dass diese Farben in der heutigen Zeit schlichtweg – relativ – bedeutungslos geworden sind. Denn auch wenn es mittlerweile in Deutschland wieder Wölfe gibt, so kenne ich niemanden, der seinen weißen Spitz zum Schutz einer Schafsherde gegen Wolfsangriffe einsetzt – ein oder mehrere weitaus massivere Herdenschutzhunde leisten da wohl bessere Dienste. Die Weinbauern nutzen auch keine großen Schwarzen mehr zum Schutz ihrer Reben – nach diversen Rücksprachen mit Winzern habe ich erstaunt festgestellt, dass viele von ihnen nicht einmal mehr wissen, dass das in früheren Zeiten mal schwarze Großspitze erledigt haben…
Das häufig vorgebrachte Argument, dass die sog. Altfarben der Großspitze, also weiß, schwarz und braun, durch farbübergreifende Zucht verlorengingen oder “verwischt” würden, war ja schon 1957/58 ausschlaggebend für die damalige Einführung der Farbreinzucht.38 Und schon damals reagierte das Ausland zu Recht mit Unverständnis darauf.
Auch aus genetischer Sicht ist das nicht nachvollziehbar (Fellfarben sind nämlich keine Wasserfarben), selbst, wenn es natürlich klare Unterschiede in der Dominanz der farbgenetischen Konstellationen gibt. Aber daraus resultiert lediglich, dass das Auftreten bestimmter Farben mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten zu erwarten ist.
Im Klartext: Wenn man die Gesamtzahl der gezüchteten Spitze durch solche Zuchtvorgaben so drastisch reduziert wie in der Vergangenheit, sinkt logischerweise auch der jeweilige Anteil der einzelnen Farben ebenso drastisch. Nämlich bis zum Verschwinden.
Oder – umgekehrt: Je größer die Anzahl der gezüchteten Hunde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die selteneren Farben auftreten. Der Grund ist denkbar einfach: Bei den seltener auftretenden Farben ist auch der Genpool der Tiere kleiner.

1818 (Christian Wilhelm Karl Kehrer, 1770 – 1869)
Wenn ich beispielsweise nur 5 braune Großspitze habe und dann ausschließlich diese miteinander anpaare, wird es – für jeden leicht nachvollziehbar – sehr schnell inzüchtig und ich bin mit meiner Zucht am Ende (wogegen sich Hundesamenbanken durchaus als nützliche Hilfe erweisen können. Wenn man sie denn auch nutzt.). Lasse ich aber farbübergreifende Verpaarung zu, so habe ich kein (oder zumindest ein geringeres) Problem mit Inzuchtdepression und eine kalkulierbare Wahrscheinlichkeit für das erneute Auftreten dieser Fellfarbe.
Genau das wird auch deutlich, wenn man sich die Mühe macht, die Geschichte der vereinsmäßigen Zucht vernünftig aufzuarbeiten.
Vielleicht sollte man sich – hier und da – neben der Beschäftigung mit grundlegenden Fragen der Genetik auch damit etwas öfter mal beschäftigen…
9.4. Der Wolfsspitz und der Keeshond
Eine spezielle, eigene Gruppe der Deutschen Spitze bilden die Wolfsspitze. Sie waren ursprünglich mit den übrigen Deutschen Spitzen im Prinzip nicht nah verwandt. Sowohl ihr von den anderen Varietäten des Spitzes abweichendes Exterieur (größer, andere Fellfarbe und -struktur mit größerer Tendenz zum Filzen), als auch ihr vergleichsweise etwas moderateres Temperament legen am ehesten eine frühe Varität z. B. der Laika, des Jämthundes o. Ä., evtl. auch (aus archäozoologischer Sicht) etwas spätere Ausgliederung aus den archaischen Herdenschützern, wie z. B. den Kaukasiern, nahe. (Warten wir’s ab, was uns da die Wissenschaft möglicherweise noch liefert!)
Soweit aus alten Zuchtbüchern ersichtlich ist, wurden zu Beginn der vereinsmäßigen Zucht und bis 1965 Groß- und Wolfsspitze auch immer wieder verpaart. So konnte der Genpool beider großen Spitzvarietäten vor allzu großen Verlusten bewahrt werden. Seit etlichen Jahren werden die Wolfsspitze zur Blutauffrischung insbesondere im osteuropäischen Raum in die Rasse der Großspitze vereinzelt wieder gezielt eingekreuzt (im Prinzip wurde allerdings nur die früher auch in Deutschland übliche Zuchtpraxis beibehalten), während der Deutsche Verein für Deutsche Spitze dies nicht genehmigt. In der Zucht außerhalb des VDH wird dies jedoch praktiziert und auch, wenn die so gezüchteten Welpen sicherlich nicht voll und ganz den Vorgaben des FCI-Standards entsprechen mögen, so ist dies als Maßnahme gegen weitere genetische Verarmung sicherlich sinnvoll. Auch bei dem in Westfalen nach wie vor existierenden Landschlag des sog. “schwarzen Wolfsspitzes” ist das ja der Fall. Übergangsphasen bei derartigen Auskreuzungen sind logischerweise zu erwarten.
Den Wolfsspitzen fehlt im Normalfall, ebenso wie auch den anderen Deutschen Spitzen der Jagdtrieb, jedoch haben sie eine völlig andere Fellstruktur als die anderen Deutschen Spitze (s. o.). Ihr Haarkleid ist noch dicker und die Unterwolle nicht ganz so glatt (sieht vergrößert eher aus wie gekreppt). Sie waren noch bis vor 20 Jahren die größten unserer einheimischen Spitze (ursprünglich bis 60 cm) und im Temperament um Einiges ruhiger. Wer darum glaubt, der Wolfsspitz sei eine “vierbeinige Schlaftablette”, der irrt gewaltig. Er hat nur eine “etwas längere Zündschnur” als ein Großspitz und ist sich seiner Größe und Wirkung sehr bewusst. Sein Auftreten könnte man gut charakterisieren mit dem Ausspruch “In der Ruhe liegt die Kraft!”. In puncto Wachsamkeit und Durchsetzungsvermögen, aber auch Temperament steht er den Anderen in Nichts nach.

Aus: DDS 20, 1958.
Nach vielen Auseinandersetzungen mit ausländischen Spitzvereinen lockerte der Verein für Deutsche Spitze auf Druck der FCI den Zuchtstandard dahingehend, dass die bis dahin eigenständige Gruppe der ursprünglich niederländischen, schwerpunktmäßig aber in Großbritannien und den USA im Erscheinungsbild stark veränderten, Keeshonden integriert wurde.

Er würde in den heutigen Ausstellungen wohl keinen Blumentopf mehr gewinnen!
Bis etwa zur Mitte des letzten Jahrhunderts unterschieden sich die Keeshonden nicht sehr von den Deutschen Wolfsspitzen. Unter dem Einfluss ausländischer Züchter veränderte sich das Exterieur zusehends. Die auffälligsten Veränderungen betrafen Größe und Fellfülle, aber auch Kopfform, das Verhältnis der Körperlänge zur Körperhöhe, Farbgebung usw. veränderten sich.

hinten v.l.n.r.: Ch. Hagedorn, Jemima, Busta of Hyver, Ch. Furstin, Dorcas, Prestbury Greta
vorn v.l.n.r.: Ch Halunke und Gijsbrecht

Zum Vergleich: frühere, in Deutschland gezogene und exportierte, Wolfsspitze:


Gegenüberstellung der auseinanderdriftenden Entwicklungen
Entwicklung der Keeshonden – außerhalb Deutschlands
Entwicklung der Deutschen Wolfsspitzlinien




Nicht alle Freunde des Wolfsspitzes sind über diese Regelung wirklich glücklich, zumal über die Einzucht der Keeshonden auch die bei diesen verbreitete Fehlfunktion der Schilddrüse in die vorher zwar kleine, aber noch relativ gesunde Population der Wolfsspitze importiert wurde. Auch die Farbgebung der früher kräftig gefärbten Wolfsspitze verblasst zusehends. Wo vorher kräftige fast schwarze Masken und Marken waren, teilweise mit dunkelbraunem (in der vereinsmäßigen Zucht aus unerfindlichen Gründen auch verpöntem) Einschlag, fehlt der braune Einschlag heute völlig, die Farben tendieren zur Kombination schmutzigweiß mit hellgrau. Wo vorher ein Wolfsspitz mit 46 cm Stockmaß als “Mickerling” galt, gilt er jetzt als Riese. Die neuerdings angezüchteten Fellmassen speziell beim Wolfsspitz lassen mich eher an Qualzucht denken als an einen pflegeleichten Begleiter. (Sorry – ich persönlich habe da immer die Assoziation zu zu heiß gewaschener Wäsche, die aus der Form geraten/eingelaufen ist und die Farbe ist raus)


Aus dem ehemals imposanten und respekteinflößenden Hofwächter ist – dank Rassezucht im VDH – inzwischen ein kleines, hüpfendes Wollknäuel geworden. Nur sehr selten noch sieht man einen der wundervollen, nach altem Muster gezüchteten, Hofwächter. Da speziell auf dem Land der Wolfsspitz, im Gegensatz zum Großspitz, noch sehr verbreitet war und ist, hätte man möglicherweise besser daran getan, zur Erweiterung des kleinen Genpools die Zuchtzulassung von gesunden Hunden ohne Papiere zu vereinfachen und sie verstärkt als Registertiere in die Zucht einzubeziehen.
Die Vergangenheit kann man bekanntlich nicht ändern. Aber vielleicht könnte man als standardgebendes Land in den Keeshond-Linien zumindest auf moderatere Zucht drängen, sofern die Hunde beispielsweise unter dem Dachverband der FCI gezüchtet werden – wie definiert sich diese Rolle denn sonst?
10. Von der Vervielfältigung der Varietäten
oder
Die Plutimikation nach Pippi L.
Nachdem der Verein für Deutsche Spitze bereits verschiedene Farbschläge (z. B. isabell, orange und gescheckt) des großen Spitzes aus nicht nachvollzienbaren Gründen 1958 aus seinem Standard ausgeklammert und die Farbreinzucht eingeführt hatte, wurden, damit auf Ausstellungen mehr Pokale vergeben werden konnten, auch die Größenschläge weiter aufgeteilt in insgesamt vier verschiedene Größen: Zwerg- und Kleinspitz (1974), Mittel- und Großspitz (1969), die auch untereinander nicht mehr verpaart werden durften.






Welcher dieser Hunde gehört in welchen Größenschlag?
(Tipp für die ganz Schlauen, die jetzt auf meinen Seiten suchen gehen: Der 2. Hund in der Reihe ist NICHT mein Griepto!)
Dies führte logischerweise zu einer weiteren Verkleinerung des genetischen Pools der einzelnen Varietäten (“Genetischer Flaschenhals – wir kommen!”). Durch akribisches Ausklammern von Hunden mit Abzeichen, die aber unleugbar im Genmaterial der Spitze verankert sind, aus der Zucht, verarmte der Genpool der großen Spitze so weit, dass die kläglichen Überreste verschiedener Farbschläge inzwischen fast sämtlich miteinander verwandt sind und aufgrund enger und zum Dogma erhobener Zuchtbestimmungen eine Auskreuzung kaum möglich ist.
Ein besonders interessanter Aspekt zeigt sich, wenn man den Rassestandard für Spitze aus dem Jahr 1998 einmal etwas genauer unter die Lupe nimmt. Da lauteten die Größeneinteilungen:
- Großspitz: 46 cm ± 4 cm
- Mittelspitz: 34 cm ± 4 cm
- Kleinspitz: 26 cm ± 3 cm
- Zwergspitz/Pomeranian: 20 cm ± 2 cm
Das Problem an dieser Einteilung war, dass sich Lücken ergaben. Zwischen Zwerg- und Kleinspitzen gab es eine Lücke von einem Zentimeter. Mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen. Beachtet man aber die Gesamtgröße der Hunde und setzt diesen einen Zentimeter ins Verhältnis dazu, dann sieht es schon anders aus. Dazu kommen Mess-Ungenauigkeiten. Mir sind beispielsweise bei den Großspitzen Mess-Unterschiede von bis zu 5 Zentimetern bekannt! (Wobei ich durchaus im Hinterkopf habe, dass es nicht immer so einfach ist, einen Hund zu messen – ja nachdem, wie er gerade steht oder wie dicht das Fell ist usw.)
Zwischen Klein- und Mittelspitzen ergab sich bei diesem Standard ebenfalls ein Zentimeter und zwischen Mittel- und Großspitzen waren es sogar 4 Zentimeter.
Das wirklich Dumme daran war, dass diese dickköpfigen Hunde sich einfach nicht an den Standard halten wollten und die Haltung des Spitzvereines in solchen Fällen ausgemachter Sturheit seitens der Hunde war eindeutig.
Anekdotisch will ich hier mal einen Disput zwischen mir und dem früheren Zuchtwart Erwin Rönnpagel (Wolfsspitzzwinger “vom Kamener Kreuz”) sinngemäß wiedergeben, als ich ihm vorschlug, meine damalige Spitzin Susanne als Registerhündin aufzunehmen, da ja auch damals schon fast keine schwarzen Großspitze mehr existierten.
Großspitze sollten auch zu der Zeit (1987) bereits 42 cm groß sein und das war Susanne. Nun hatte sie am Kinn und an den vorderen Zehenspitzen je eine winzige weiße Stippe und dazu einen haarfeinen weißen Streifen auf der Brust. (Sie sah so aus, als hätte sie mit den Pfotenspitzen in einer Milchschüssel gestanden und sich beim Schlabbern der Milch etwas bekleckert.) Das wertete der Zuchtwart Rönnpagel dann dahingehend aus, dass man eine solche Farbgebung bei Mittelspitzen zwar tolerieren könne, aber für einen Mittelspitz sei Susanne ja zu groß. Von der Größe her könne das zwar mit einem Großspitz verglichen werden, aber schwarze Großspitze mit weißen Abzeichen gäbe es ja nicht. Und daraus schloss er dann messerscharf, dass Susanne überhaupt kein Spitz sei…

Das Ergebnis derartiger Bewertungen von Hunden traf natürlich keineswegs nur Hunde wie meine Susanne, sondern auch Spitze, die es wagten, sich bei ihrem Größenwachstum an das in früheren Zeiten übliche “Gardemaß” für große Spitze zu halten und das lag in etwa bei 40 cm Rückenhöhe (siehe nebenstehende Abbildungen!). Sie waren also zu groß für Mittelspitze und zu klein für Großspitze – und somit waren sie einfach überhaupt keine Spitze mehr! (Ich hatte sie im ersten Forum für Spitze dann mal “Zwischen-Spitze” getauft…) Und da es eben das vorher allgemein übliche Maß für die großen Spitze war, war die Anzahl der davon betroffenen Hunde entsprechend groß! Ebenso, wie auch die Auswirkungen auf die Zuchtpopulation.


Zuerst züchtet man also Spitze ohne enge Farbvorgaben, führt dann die Farbreinzucht ein und über Nacht sind alle bis dahin guten Zuchttiere mit irgendeinem kleinen Fleckchen keine Spitze mehr. Anschließend teilt man die Größen so ein, dass die vorher als optimal geltende Größe vollkommen aus dem neuen Standard herausfällt und erneut ist ein großer Teil der “bis gestern” noch optimalen Zuchthunde quasi “Ausschuss”!
Eigentlich hätte man daraufhin nur noch den Zuchtstandard dahingehend ändern müssen, dass Spitze ab sofort kurzhaarig sein sollten – dann hätte man auch den kläglichen Rest der Zuchtpopulation als Mischlinge ins Tierheim geben können…
“Konsequenz” ist eben, wenn man auch einen Holzweg bis zum Ende geht.
Man darf sich nicht durch die vom Verein für Deutsche Spitze angegebene zunehmende Anzahl der Großspitze täuschen lassen. Speziell bei den Großspitzen unterscheiden sich viele Tiere genetisch kaum mehr als Klone. Die Folge ist eine zunehmende Degeneration (Probleme der Welpen beim Aufstellen der Ohren, sog. Deckfaulheit der Rüden, häufigeres “Leerbleiben” der Hündinnen beim Decken, kleinere Würfe, Futtermittelintoleranzen, sowie diverse andere dezentere Veränderungen) und Inzuchtdepression (eine meiner eigenen Hündinnen hatte schwerste Inzuchtschäden!).
Und “Ja”, es lassen sich für all diese “Erscheinungen” immer auch andere Gründe finden, die mir gern von Züchtern aufgezählt werden. Es ist nicht so, dass ich all diese Gründe nicht kennen würde. Entscheidend ist aber das Gesamtbild und die Summe der Probleme!
Bei uns in Westfalen pflegt man in solchen Fällen gern zu sagen “Ach so! Und der Bauer ist also nicht deshalb im Dorfteich ertrunken, weil er etwa nicht schwimmen konnte, sondern weil er die blaue Badehose anhatte – mit der grünen wäre das nicht passiert!” 😉
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass es um 1900 eine Spitzpopulation gab, die aus, im Grunde, zwei Varietäten bestand (Die Wolfsspitze wurden zwar als solche benannt, gehörten aber züchterisch zu den “großen Spitzen”), die nicht in der Form scharf voneinander abgegrenzt waren, dass eine Verpaarung untereinander durch Zuchtvorschriften strikt ausgeschlossen war. Diese Hundepopulation war, soweit aus der Geschichte (Zuchtzahlen des Vereins für Deutsche Spitze, aber auch vereinsunabhängige Verbreitung der Hunderasse allgemein, nachgewiesen durch zahllose Zeitdokumente wie Fotos usw.) ermittelbar ist, verhältnismäßig gesund. Ca. 120 Jahre später finden wir eine Population, die aus zugegebenermaßen rein subjektivem Empfinden (aber ich vermute, damit keineswegs allein zu stehen) erheblich zurückgegangen ist. Für die Richtigkeit dieses subjektiven Gefühls spricht, dass Spitze in der Bevölkerung noch vor 50 Jahren praktisch jedem bekannt waren und auch das allgemeine Stadtbild bestimmten – heute dagegen vielen Menschen völlig unbekannt und nach wie vor selten anzutreffen sind.
Diese wenigen Hunde verteilen sich auf 5 verschiedene Varietäten in unterschiedlichen Farbschlägen, die, je nach Vereinszugehörigkeit der Züchter, nur unter Schwierigkeiten oder überhaupt nicht untereinander verpaart werden dürfen.
Rechnet man die einzelnen Zuchtpopulationen nur anhand des FCI-Standards – eine gewisse Ungenauigkeit wegen abweichender Zuchtstandards der sog. Dissidenzvereine nehme ich mal inkauf – zusammen, so erhält man folgendes Bild:
- Wolfsspitze: 1 Farbschlag
- Großspitz: 3 Farbschläge
- Mittel-, Klein- und Zwergspitz: je 6 Farbschläge
Das sind 22 voneinander differenzierte Zuchtpopulationen, die sich noch einmal aufteilen auf den Verein für Deutsche Spitze (VDH) und die sog. Dissidenzvereine, da die Verpaarung dieser Hunde untereinander insbesondere vom VfDSp stark reglementiert ist.
Zwar können Hunde aus diesen Vereinen auch dann zur Zucht mit VDH-Hündinnen zugelassen werden, wenn der Besitzer nicht VDH-Mitglied ist – Voraussetzung dafür ist ein sog. Beratervertrag. Allerdings erlöschen Zuchtzulassung und Beratervertrag, wenn ein so zugelassener Rüde beispielsweise eine nicht dem VDH zugehörige Hündin deckt. Eine substanziierte Begründung dafür ist mir zumindest nicht bekannt (Abnutzung des…?) – der Verweis auf Vereinsvorgaben kann wohl nicht als wirklich triftiger Grund betrachtet werden. Wenn unwiderlegbare kynologische, bzw. veterinärmedizinische oder populationsgenetische Gründe die Unsinnigkeit solcher Zuchtordnungen belegen, müssen sie geändert werden. Von einem Zuchtverein, der sich selbst in der Öffentlichkeit als das kynologische Nonplusultra und Garant für züchterisches Qualitäts-Management darstellt, darf man das wohl erwarten.
Daher muss für die Praxis die Anzahl der Zuchtpopulationen noch einmal auf 44 verdoppelt werden (Zwischen den verschiedenen sog. Dissidenzvereinen ist eine Diffusion von Züchtern/Zuchttieren zum Glück i. d. R. rel. unproblematisch, sonst müsste es ja noch weiter aufgeteilt werden!)
Zusätzliche, allerdings sinnvolle und wichtige, Einschränkungen zur Zucht ergeben sich aus gesundheitlichen Aspekten, wie beispielsweise die Vorgabe, bei Trägern bestimmter Merkmale nur mit merkmalsfreien Tieren zu verpaaren.
Die Zahlen der Datenbank für Deutsche Spitze (All diejenigen Züchter, die ihre Welpen dort nicht angeben und dadurch vernünftige populationsgenetische Auswertungen erschweren/verhindern, sollten vielleicht gelegentlich mal ihr züchterisches Selbstverständnis und Verantwortungsbewusstsein überdenken!) ergeben für Deutschland folgende Wurfzahlen für alle Deutschen Spitze
- für das Jahr 2020: 549 Welpen
- für das Jahr 2021: 632 Welpen
- für das Jahr 2022: 372 Welpen
- für das Jahr 2023: 292 Welpen
die also auf diese 44 Zuchtpopulationen zu verteilen wären. Ohne genaue Untersuchung zur tatsächlichen Verteilung der Zahlen auf bestimmte Varietäten, Größen-, Farbschläge – also rein statistisch betrachtet – ergeben sich also je Zuchtpopulation durchschnittlich
- für das Jahr 2020: 12,5 Welpen
- für das Jahr 2021: 14,4 Welpen
- für das Jahr 2022: 8,5 Welpen
- für das Jahr 2023: 6,6 Welpen (= ca. 1 Wurf/Jahr!)
Abgesehen von diesen allgemein rückläufigen Zahlen, muss man sich wohl die Frage stellen, ob diese Vervielfältigung von Zuchtpopulationen in Anbetracht populationsgenetischer (und keineswegs neuer) Erkenntnisse vertretbar ist. Die Tatsache, dass im VfDSp (VDH) inzwischen auch unter bestimmten Voraussetzungen eine Verpaarung unter zwei verschiedenen Größenschlägen zulässig ist, ist sicherlich gegenüber der vorherigen strikten Abgrenzung schon ein Fortschritt – ausreichend ist es aber bei Weitem nicht!
Hinzu kommen eine Vielzahl von “Grabenkämpfen” zwischen Züchtern von “Wolfsspitzen alten Schlages” und Wolfsspitzzüchtern, denen das ziemlich “wurscht” ist, Züchtern von “reinfarbigen” und “bunten” Spitzen, Züchtern von Spitzen mit und ohne Jagdtrieb, unterschiedliche Zuchtrichtungen bei den kleinen Varietäten und, last, but not least, Züchtern, die von einer absoluten “Reinzucht” der Spitze ohne jedwede Einzucht genetischen “Fremdmaterials” träumen (gestützt auf diverse Laboruntersuchungen zur Frage der Rasse-Reinheit der Hunde, z. B. bei Embark oder Feragen) und offensichtlich nicht nur dringenden Schulungsbedarf zur Populationsgenetik hätten, sondern dabei auch vollkommen vergessen (oder verdrängen?), wie Hunderassen überhaupt entstanden sind!
Und all diese Grüppchen weigern sich, ihre Hunde mit den Hunden der jeweils anderen zu verpaaren, während gleichzeitig manche einwandfreien (und für viel Geld untersuchten!!!) Deckrüden seit über 10 Jahren ohne Nachkommen vor sich “hindümpeln” (kann man sich den Verzicht auf deren Erbgut tatsächlich leisten?) und der Rüde einer Zuchtwartin (!!!) innerhalb nur weniger Jahre fast 170 Nachkommen zeugt, für die der Begriff “Zuchtlenkung” offensichtlich ein Fremdwort aus einer fernen Galaxie ist.
Wenn man “Zucht” definiert als “Denken und Handeln in Populationen und Generationen”, dann ist das jedenfalls keine Zucht!
2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt
und Drei macht Neune !!

11. Quo vadis – Deutscher Spitz?

In der Zwischenzeit hat auch an einigen Stellen ein Umdenken stattgefunden.
Selbstverständlich gibt es und gab es auch in früheren Zeiten im VfDSP (VDH) Züchter, die sich um gesunde Zucht bemüht haben und es auch immer noch tun! Und wo sie früher meist kein Gehör fanden für ihre Vorschläge zur Veränderung der Zucht, kommt langsam, aber sicher ein wenig Bewegung in die Sache, denn durch die Tatsache, dass immer mehr Züchter diesem großen Verein den Rücken kehren und in der sog. Dissidenz züchten, wird deutlich, dass Selektionsdruck keineswegs nur auf rein biologischer Ebene entstehen kann!
Ein Problem dabei ist sicherlich, dass ein solcher Verein sich auch allzu leicht selbst im Wege stehen kann, weil allein die Größe und Vielzahl von Entscheidungs- und Verwaltungsebenen fast (aber eben nur fast!) zwangsläufig zu einer gewissen Erstarrung führt, die einen zeitnahen flexiblen Umgang mit derartigen Problemen erschwert.
Da haben es kleinere Zuchtvereine sicherlich leichter!
Vielleicht muss sich die Spitz-Abteilung im VDH aber einfach nur noch weiter “gesund-schrumpfen”, um das hinzubekommen…

Dazu kommt, dass die vereinsmäßige Zucht von Spitzen außerhalb des VDH noch keine lange Tradition hat, der man sich verpflichtet fühlen müsste. Traditionen können Vorteile haben, weil sie einen wichtigen Erfahrungsschatz repräsentieren. Sie können aber auch nachteilig sein, wenn man zu sehr an ihnen “klebt” und dadurch einen längst überfälligen Paradigmenwechsel verpasst, damit aus “Umdenken” auch “Umlenken” werden kann.
E fructu cognoscitu arbor (Alte lateinische Weisheit) – An seiner Frucht erkennt man den Baum.
Die Verwischung charakterlicher Unterschiede zwischen den großen Varietäten des Deutschen Spitzes halte ich für weitaus akzeptabler und kalkulierbarer als die Einkreuzung weiterer jagender ausländischer Spitze, weil insbesondere Verhalten – und dazu ist Jagdtrieb natürlich zu rechnen – nachweislich nicht nur auf genetischer Ebene rassespezifisch39 und hochgradig erblich ist, sondern auch zu – ebenfalls nachweisbaren – Veränderungen der neuronalen Architektur40 führt (stark verkürzt und vereinfacht – auf deutsch), gleichzeitig aber aufgrund der Komplexität durch allgemein übliche züchterische Methodik kaum einzugrenzen, geschweige denn zu bearbeiten ist. Erschwert wird dies noch dadurch, dass viele Züchter nicht offen (genug) mit dem Jagdtrieb eigener Hunde umgehen, insbesondere der Hündinnen, die die Nachzucht ja prägen! Die tragende und in dieser Hinsicht auch leider sehr weitreichende Rolle epigenetischer Vererbung41, d. h. transgenerationaler Weitergabe von Eigenschaften, die von den Elterntieren über Erziehung und Ausbildung (z. B. jagdassoziierter Beschäftigungen) erworben wurden42, ist offenbar ebenso unbekannt wie die Tatsache, dass bei Kreuzungszucht das Exterieur des Kreuzungstieres eine weitaus geringere Rolle spielt als rassespezifische Wesens-Eigenschaften und -Fähigkeiten (während vom eingekreuzten Dalmatiner nach 3 bis 4 Generationen fast nichts oder gar nichts mehr zu sehen ist, kämpft man gegen eingeschleppten Jagdtrieb nämlich selbst nach 20 Generationen noch an!). Ich sehe diesbezüglich dringenden Handlungs- und vor Allem Schulungs-/Ausbildungsbedarf zu den Themen Epi- und Populationsgenetik, schwerpunktmäßig Heritabilität, durch die Zuchtvereine, bzw. entsprechend versierte und engagierte (!!!) Zucht- und Hauptzuchtwarte.
Ein weiterer sehr wichtiger Gesichtspunkt, der mit dem Wissensdefizit zur Epigenetik und Heritabilität von Verhalten Hand in Hand geht, ist die Thematik der rassespezifischen Haltung, Erziehung und Ausbildung der Hunde, da die hier bei den Zuchttieren gemachten Fehler den zentralen Punkt für die anschließende Vererbung unerwünschten Jagdverhaltens bilden!
Dass Hundehaltung und -ausbildung sehr wohl rassespezifisch ist und sein muss, weil auch Verhalten stammesgeschichtlich und damit rassespezifisch genetisch unterschiedlich determiniert ist43, ist nicht nur für jeden Zuchtverband eine Selbstverständlichkeit, in dem Gebrauchshunde gezüchtet werden (und zu denen gehören insbesondere die großen Spitze definitiv) – selbst bei dem internationalen Dachverband Fédération Cynologique Internationale (FCI) ist diese Tatsache bestens bekannt. Und da dauert es bekanntlich schon sehr lange, bis solche Informationen mal den Weg durch die Instanzen schaffen.
Bei der FCI sind daher aus gutem Grund auch keineswegs nur Rassestandards hinterlegt, sondern darüber hinaus z. B. Powerpoint-Präsentationen und Filme zur rassespezifischen Ausbildung der einzelnen Hunderassen! Zumindest dann, wenn ein entsprechend engagierter Zuchtverein im jeweiligen Standard-gebenden und die Rasse betreuenden Heimatland sie erstellt.
Und da findet man solche Informationen sogar zum Peruanischen Nackthund! Für den Deutschen Spitz sucht man allerdings vergebens…
Auch der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat offenbar die Wichtigkeit rassespezifischer Informationen und Wesensmerkmale erkannt – leider wohl nur im Hinblick auf deren Vermarktungswert (Zitat):
“Ahnentafeln, auf denen das VDH-Logo aufgedruckt ist, haben einen hohen Stellenwert bei allen Liebhabern von Hunden mit rassespezifischen Eigenschaften und relativ vorhersagbaren Entwicklungspotentialen.” (unter Pkt. 2, Abs. 3)
Traurig, aber wahr!
Das Ergebnis ist, dass es inzwischen ein fast unüberschaubares Heer von Spitzbesitzern und auch -züchtern gibt, die entweder aus eigener Unwissenheit oder aus ihrer Not, nicht standardgerechte Spitze mit Jagdtrieb zu haben, eine Tugend zu machen versuchen, indem sie den Leuten suggerieren, wie schön es doch sei, mit ihrem Spitz jagdaffinen Hobbies wie dem Mantrailing nachzugehen! Dass, und wie sehr sie das Problem dadurch verschlimmern, ist ihnen ganz offensichtlich nicht einmal ansatzweise klar!
Die Rolle von Hundeschulen, die sich eine goldene Nase daran verdienen, den Neu-Hundebesitzern solch hanebüchenen Unfug zu vermitteln, dass alle Hunde sich gleich verhalten würden und man mit dem richtigen Leckerli in der Hand die Welt verändern könne („Wenn die Münze im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“), darf man bei diesem ganzen Desaster selbstverständlich weder verschweigen oder unterschätzen.
Das sind Fakten, die die Ausbreitung des für den Deutschen Spitz unerwünschten und aus gutem Grund nicht standardgemäßen Jagdtriebes immens befeuern und denen in erster Linie durch adäquate Ausbildung der Züchter dringend gegengesteuert werden muss!
Brauchen wir den Spitz 2.0?
Sicherlich muss man in der Hundezucht auch veränderten Umweltbedingungen Rechnung tragen. Beim (großen) Spitz ist das in allererster Linie die Tatsache, dass, wie oben bereits ausgeführt, bestimmte Arbeitsleistungen, für die er gezüchtet wurde, schlichtweg entfallen sind. Gleichzeitig haben sich die Umweltbedingungen dahingehend verändert, dass die Sensibilität gegenüber Beißunfällen stark angestiegen ist.
Da gerade der Jagdtrieb durch bestimmte Verhaltensweisen des ganz normalen täglichen Lebens getriggert wird (schnelle Bewegungen: Joggen, Kinderspiel etc), spielt er eine besondere Rolle im Zusammenhang mit Bissverletzungen, die insbesondere bei Kindern hauptsächlich den Kopf- und Gesichtsbereich betreffen.44 Dabei wird ein Beutereiz gesetzt, der eine automatisierte Verhaltenskaskade nach sich zieht. Dieses Reiz-Reaktionsmuster selbst ist weder erziehungsabhängig, noch von Aggressivität getragen. Die einzig entscheidenden Voraussetzungen zur Auslösung dieses reflektorischen Verhaltens sind das Vorhandensein eines aktiven (oder auch ursprünglich inaktiven, aber durch falsche Haltung aktivierten) Jagdtriebes und des Auslöse- oder Beutereizes. Es ist völlig unabhängig von der Frage, ob der Hund kinderlieb ist.
Hat man aber durch falsche Haltung und Erziehung beim Spitz den bis dahin über Jahrtausende hinweg inaktivierten Jagdtrieb erst einmal aktiviert, so läuft diese sog. Jagdkaskade auch bei ihm unwiderruflich ab – die Büchse de Pandora ist geöffnet!. Dagegen hilft dann auch kein sog. “Anti-Jagdtraining” mehr, denn die Jagdkaskade gehört zum angeborenen Primärverhalten. Einmal aktiviert findet das Jagdverhalten – nachweislich! – über epigenetische Prozesse unmittelbaren Eingang ins Erbgut und ist dann i. d. R. bereits ab der nächsten Generation wieder hochgradig erblich!
Ein großer Spitz ohne Jagdtrieb passt auch in unsere heutige Umwelt mit einer, im Vergleich zu früher, wesentlich höheren Bevölkerungsdichte daher weit besser als ein jagender Hund, weil er nicht mit Beuteverhalten auf Jogger oder spielende und herumlaufende Kinder reagiert, sondern mit Gelassenheit! Seine Zurückhaltung gegenüber fremden Menschen ist ebenfalls vorteilhaft in einer Gesellschaft, in der mittlerweile relativ viele Menschen Angst vor Hunden haben und sich von einem zurückhaltenden Hund nicht bedrängt fühlen, dessen Verhalten sie falsch oder gar nicht (mehr) verstehen.
Der Spitz braucht also überhaupt keine Modernisierung!
Warum sollte man eine in so hohem Maße sozialverträgliche Hunderasse einem passageren und für ein paar Jahre regelrecht viral gehenden Hobby wie dem Mantrailing opfern und dafür auf all die Vorteile dieser Rasse verzichten?
Mit gezielten Züchterschulungen und ein wenig transparenterem Umgang mit Jagdtrieb und anderen Problemen, sowie der Erkenntnis, dass die Vergangenheit nicht zu ändern ist, man aber aus ihr lernen kann, kann man, wenn man wirklich will, auf der Basis der aktuellen Situation und ihrer wissenschaftlich fundierten Bewertung auch einen Schulterschluss der Züchter erreichen und zu gemeinsamen wirklich sinnvollen Prioritäten, sowie ziel- und zukunfts-gerichteten Zuchtstrategien finden, statt verpassten Chancen hinterherzujammern, an völlig überholten Vergangenheits-orientierten Dogmen kleben zu bleiben und nicht nur sich gegenseitig, sondern vor allem unseren Hunden das Leben schwer zu machen!
- Welchen Sinn macht es, sich an der Frage abzuarbeiten, ob in der ohnehin nicht überprüften, aber schick abgestempelten Ahnentafel eines Hundes der “Firma XY” fünf Generationen zuvor ein grün-gelb karierter Blaubeerpfannkuchen mit rosa Tupfen eingetragen ist, wenn vor mir ein vitaler wesensfester Spitzerich mit gut zu pflegendem Fell steht?
- Welchen Sinn macht es, standardmäßig einen genetischen Fingerabdruck von jedem Zuchthund zu verlangen, wenn man ihn nicht standardmäßig zur Überprüfung der Abstammung nutzt? (Eine nicht überprüfte Ahnentafel taugt sowieso allenfalls zum Grill-Anzünder – völlig egal, welches Logo und wessen Stempel darauf ist!)
- Welchen Sinn macht es, farbübergreifende Verpaarung zu erlauben, wenn man die aus diesen Verpaarungen gefallenen gescheckten Welpen nicht zur Zucht zulässt?
- Wie sollen Besitzer von Hündinnen mit überbordenden Fellmassen Welpen mit moderaterem Fell züchten ohne Unterstützung der Besitzer von Deckrüden mit moderatem Fell?
Ist es nicht besser, Hundekäufer über die tatsächlichen Eigenschaften, aber auch Bedürfnisse eines Spitzes (z. B. hinsichtlich Haltung und Erziehung) aufzuklären oder sie, wenn diese Hunderasse für sie definitiv ungeeignet ist, auch mal ohne Welpen nach Hause zu schicken, statt ihnen das Blaue vom Himmel herab zu erzählen und ihnen die neuesten Rezepte für Hundekuchen in die Hand zu drücken, aber zu riskieren, dass der Hund im nächsten Tierheim landet, weil Mensch und Tier nicht zueinander passen?
Sollte man sich nicht als Hundekäufer für einen Hund entscheiden, der an den eigenen Hobbies ebenso viel Freude hat wie man selbst, statt einen wunderschönen und gerade besonders angesagten Hund ins Haus zu holen, der für genau dieses Hobby nicht gemacht und kreuzunglücklich ist, weil er auf Biegen und Brechen daran angepasst werden soll und damit überfordert ist?
Fakt ist, dass in der gesamten “Spitz-Szene” die Gemüter hochkochen – vordergründig liegt man sich in den Armen und hinterm Rücken werden die Messer gewetzt! Es werden Grabenkriege geführt, bei denen jeder nur seine privaten Ideen und Animositäten im Kopf hat, anstatt nach verbindenden gemeinsamen Zielen zu suchen und es geht nicht mehr um Hundezucht, sondern um persönliche Selbstverwirklichung und Nabelschau, egal auf wessen Kosten!
Symptomatisch: Wenn mir die schweizerische Züchterin Frau K. schreibt, dass ich einen tollen Rüden hätte, aber selbst wenn er der allerletzte Rüde wäre, würde sie ihn nicht nehmen, weil sie mit mir nicht klar kommt. (Den Screenshot hier einzustellen, spare ich mir mal!)
Und da frage ich mich, wen sie denn nun eigentlich verpaaren will…
Auf der Strecke dabei bleiben die Hunde, weil selbst die für sie überlebenswichtigen Änderungen von Zuchtreglements entweder gar nicht erfolgen oder mit jahrzehntelanger Verspätung und ihre Situation ist desolater denn je!
Und “Ja!” – es tut sich auch etwas.
Aber zu langsam und zu wenig!!!
Und wenn die Vereinszucht sich mit wachsender Begeisterung als als unabdingbarer Garant für qualitativ hochwertige Hundezucht selbst feiert und Spitzzüchter mit stolz geschwellter Brust darauf verweisen, dass sie Züchter einer so uralten Rasse sind, muss ich wohl gerade im Zusammenhang mit der geschichtlichen Aufarbeitung feststellen, dass Nichts und Niemand dieser Hunderasse so sehr geschadet hat wie die Vereinszucht: Sie hat es geschafft, eine jahrtausendealte Hunderasse in nur 126 Jahren in Grund und Boden zu stampfen. Das ist kein Grund, stolz zu sein, sondern einer, um vor Scham im Boden zu versinken!
Der für mich ausschlaggebende Grund, u. A. den Servicebereich dieser HP grundlegend zu überarbeiten, war, dass nun zumindest Diejenigen, die bereit sind, sich Wissen anzueignen oder sogar danach suchen, aber nicht wissen wie und wo, hier jetzt sehr sehr viele Fakten selbst nachlesen können, statt hilflos jedem substanzlosen, aber hochemotionalem und selbstgefälligen Geschwafel sog. “sozialer Netzwerke” ausgeliefert zu sein. Egal, ob Hunde-Interessent oder Züchter.
Zwingen kann man natürlich niemanden…
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut,
sondern auch für das, was man nicht tut.
[Laotse]
Nur, wenn man
- Probleme offen benennt und sich ihnen stellt, statt sie kleinzureden oder zu verleugnen,
- Daten und Fakten zu diesen Problemen erhebt und zusammenträgt (z. B. zentral, vollständig und richtig in der Spitz-Datenbank), statt deren Erhebung und Sammlung zu verhindern,
- in der Vergangenheit gemachte Fehler auswertet und aus ihnen lernt, statt sie einfach ad acta zu legen,
- sich erforderliches und aktuelles Wissen aneignet, statt Unwissen durch Konfabulationen zu kaschieren und zu kultivieren,
- sachlich, ziel- und zukunftsorientiert zusammen-arbeitet, statt sich in emotionalisierten Grabenkriegen gegenseitig zu zermürben,
kann man Probleme auch lösen!
Und davon hängt letzten Endes ab, was aus unseren Spitzen wird.

Früher war mehr Lametta…
12. Bibliografie
Die Angaben mit vorangestellter Jahreszahl beziehen sich auf wissenschaftliche Publikationen, die mit vorangestelltem Namen des Autors/der Autoren/Herausgebers auf Bücher und sind unter dem jeweiligen Link zu finden. (Sofern sie nicht ausschließlich käuflich zu erwerben sind!)
Weitere Publikationen finden Sie in der Infothek unter dem Menü “Service”
- 2014 Karl, Dr. Hans-Volker, Über einen eisenzeitlichen Grubenkomplex mit auffälliger Tierartenverteilung von Erfurt-Büßleben] ↩︎
- 2014 Karl, Dr. Hans-Volker, Zur Kynophagie in Mitteleuropa-Nachweise zur Hundeschlachtung in den preußischen Ländern und der Stadt Erfurt, in: SuG 3/11, S. 26 ↩︎
- 2013 Thalmann, O. et al., Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs ↩︎
- 2014 Bocherens, Hervé et al., Reconstruction of the Gravettian food-web at Predmostí I using multi-isotopic tracking ( 13 C, 15 N, 34 S) of bone collagen ↩︎
- 2016 Wang, Guo Dong et al., Out of southern East Asia: the natural history of domestic dogs across the world ↩︎
- 2015 Wörner, Dr. F. G., Notizen zur Domestikation des Wolfes – Die Geschichte einer einzigartigen Partnerschaft, Gesellschaft für Haustierforschung (GfH) e. V. – Eberhard Trumler Station, Wolfswinkel ↩︎
- 2013 Baales, M., Pollmann, H. O, Stapel, B., Westfalen in der Alt-und Mittelsteinzeit ↩︎
- 2015 Wörner, Dr. F. G., Notizen zur Domestikation des Wolfes – Die Geschichte einer einzigartigen Partnerschaft, Gesellschaft für Haustierforschung (GfH) e. V. – Eberhard Trumler Station, Wolfswinkel ↩︎
- 2022 Brassard, Colline et. al., Unexpected morphological diversity in ancient dogs compared to modern relatives ↩︎
- Dugatkin, Lee A.: Füchse zähmen – Domestikation im Zeitraffer, Springer, Berlin Heidelberg, 2018, ISBN: 9783662561355 ↩︎
- 2015 Wörner, Dr. F. G., Notizen zur Domestikation des Wolfes – Die Geschichte einer einzigartigen Partnerschaft, Gesellschaft für Haustierforschung (GfH) e. V. – Eberhard Trumler Station, Wolfswinkel ↩︎
- Rüthimeyer, Ludwig, Die Fauna der Pfahlbauten der Schweiz. Untersuchungen über die Geschichte der wilden und der Haus-Säugethiere von Mittel-Europa. Bahnmaier (C. Detloff), Basel, 1861 ↩︎
- 1901 Studer, Dr. Theophil, Die prähistorischen Hunde in ihrer Beziehung zu den gegenwärtig lebenden Rassen, In: Abhandlungen der schweizerischen paläontologischen Gesellschaft, Vol. XXVIII, 1901 ↩︎
- 2007 Plüss, Petra, Archäozoologische Untersuchungen der Tierknochen aus Cresta-Cazis (GR) und ihre Bedeutung für die Umwelt-, Ernährungs- und Wirtschaftsgeschichte während der alpinen Bronzezeit ↩︎
- 2013 Druzhkova, Anna S. et al., Ancient DNA Analysis Affirms the Canid from Altai as a Primitive Dog ↩︎
- Autengruber-Thüry, Heidelinde, Hunde in der römischen Antike. Rassen-Typen-Zucht-Haltung und Verwendung, Archäopress, 2021, ISBN 978-1-78969-836-7 ↩︎
- Autengruber-Thüry, Heidelinde, Hunde in der römischen Antike. Rassen-Typen-Zucht-Haltung und Verwendung, Archäopress, 2021, ISBN 978-1-78969-836-7, S. 10 ff ↩︎
- 2011 Gonzalez, Jérôme, Maltais, trophè, ktèsios…, ENIM 4, 2011, p. 158-196 ↩︎
- 1992 Peters, Joris, Der Hund in der Antike aus archäozoologischer Sicht ↩︎
- Damhouder, Josse de [Jodocus], Ioannem Bellerum [Illustrationen], Pupillorum Patrocinium, Legum et Praxeos Studiosis, Non Minus, Antwerpen, 1564 ↩︎
- Kaiser, Hermann, Ein Hundeleben: Von Bauernhunden und Karrenkötern, Materialien zur Volkskultur – nordwestliches Niedersachsen, Bd. 19, Museumsdorf Cloppenburg, Niedersächsisches Freilichtmuseum, PF 1344, D-49643 Cloppenburg 1993, ISBN 3-923675-35-6 ↩︎
- Buffon, Georges Louis Le Clerc de, Histoire naturelle, générale et particuliére. Tome 5 / , avec la description du Cabinet du roy, Histoire des animaux / par Buffon, 1755 ↩︎
- von Megenberg, Konrad, um 1300, Das Buch der Natur, Tiere ↩︎
- Gessner, D. Cunrad, 1583, Thierbuch ↩︎
- Schreber, Johann Christian Daniel, Die Säugthiere in Abbildungen nach der Natur, mit Beschreibungen, Theil 3, 1778, S. 319 ↩︎
- Fitzinger, Dr. Leopold Joseph, Der Hund und seine Raçen, 1876 ↩︎
- 2013 Thalmann, O. et al.,Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs ↩︎
- 2016 Wang, Guo-Dong et al., Out of southern East Asia: the natural history of domestic dogs across the world ↩︎
- 2022 Bergström, Anders et al., Grey wolf genomic history reveals a dual ancestry of dogs ↩︎
- 2020 Bergström, Anders et al., Ancient Dog Genomics – Origins and genetic legacy of prehistoric dogs ↩︎
- 2022 Dutrow, Emily V., Serpell, James A., Ostrander, Elaine A. , Canine lineages reveal genetic drivers of dog behavioral diversification ↩︎
- ebenda, S. 35 ↩︎
- Hennecke, Joseph, Der Deutsche Spitz, Buchreihe Freund Hund, Bd. 18, herausgegeben unter dem Patronat und im Auftrage des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) e. V. vom Verein für Deutsche Spitze e. V. 1899, Otto Meissners Verlag, Schloß Bleckede an der Elbe, 1962 ↩︎
- Aus: Der Deutsche Spitz, Nr. 17, 1957, S. 45 ↩︎
- Krichler, Franz, Katechismus der Hunderassen, Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber, Leipzig, 1892 ↩︎
- Fachschaft für deutsche Spitze, Der Deutsche Spitz in Wort und Bild, Selbstverlag der Fachschaft für deutsche Spitze, Regensburg,1937, S. 27] ↩︎
- 2011 Eckford, Dr. Paul D. W., The Science of Alopecia X: Shedding the Myths ↩︎
- Verein für Deutsche Spitze, Der Deutsche Spitz, Nr. 19 (Frühjahrs-Ausgabe 1958), S. 8ff und Nr. 20 (Herbst-Ausgabe 1958), S. 12ff (Direktlinks zu Auszügen!) ↩︎
- 2014 Rigterink, Amanda & Houpt, Katherine, Genetics of canine behavior: A review ↩︎
- 2019 Hecht, Erin E. et al., Significant Neuroanatomical Variation Among Domestic Dog Breeds ↩︎
- 2019 Sundman, Ann-Sofie, Dog behaviour. Intricate picture of genetics, epigenetics, and human-dog relations ↩︎
- 2019 Maclean, Evan et al., Highly heritable and functionally relevant breed differences in dog behaviour ↩︎
- Serpell, J. (Ed.), The Domestic Dog – Its Evolution, Behavior and Interactions with People, 2nd Edition, University Printing House, Cambridge CB2 8BS, United Kingdom, 2017, ISBN 978-1-107-02414-4 ↩︎
- 2022 Neumeister, Niklas, Hundebisse bei Kindern und Jugendlichen – Eine retrospektive Studie ↩︎